Chinesische Aktien haben heuer viele andere Märkte in den Schatten gestellt. Sie profitierten von der Annäherung der USA und Chinas im Handelsstreit sowie von staatlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft. Letztere sind nötig, um das angestrebte Wachstumsziel zu erreichen. Wir schauen in diesem Kapitalmarkt-Navigator unter anderem auf die konjunkturelle Lage in China und auf die Pläne der Regierung, das Wachstum anzukurbeln.
Starke Aktienmarkt-Performance
Gemessen am MSCI China-Index haben chinesische Aktien heuer bis Mitte November in lokaler Währung um fast 35 % zugelegt. Für den Hang Seng-Index (Hongkong) steht ein Plus von über 32 % zu Buche und der CSI 300-Index, der die Aktien in Shanghai und Shenzhen abbildet, ist um knapp 18 % gestiegen. Da sowohl der Hongkong-Dollar als auch der Chinesische Yuan gegenüber dem Euro abgewertet haben, beträgt die Performance der genannten Indizes in Euro gerechnet gerundet 20 % bzw. 18 % und 8 %. Der MSCI China und der Hang Seng haben sich somit in lokaler Währung und in Euro besser entwickelt als die US- und europäischen Indizes. Der S&P 500 wies bis Mitte November eine Performance von +14 % auf (+2 % in Euro), die Nasdaq 100 von +19 % (+6 % in Euro) und der Stoxx 600 liegt heuer bei +13 %. Chinesische Aktien hatten schon früh im Jahr zugelegt und die Delle nach dem „Liberation Day“ Anfang April recht schnell wieder ausgebügelt. Anfang Oktober markierten die chinesischen Indizes mehrjährige Höchststände. Von ihren Allzeithochs sind sie aber noch weit entfernt.
Laut Einschätzung unseres Research-Partners hat der chinesische Aktienmarkt aus charttechnischer Sicht noch weitere Luft nach oben. Zwar müssen auf diesem Weg Widerstände überwunden werden, das Überschreiten einer jahrelangen Widerstandszone vergangenen Sommer stimmt aber zuversichtlich. Auch hat der chinesische Markt gegenüber dem MSCI World-Index, der von US-Aktien dominiert wird, Aufholpotenzial. Die Analyse unseres Partners gilt zwar nur für den Shanghai Composite-Index, kann unseres Erachtens mit Abstrichen aber auch auf die anderen hier erwähnten chinesischen Aktienindizes übertragen werden.
Chinesische Aktien haben heuer viel Geld angezogen: Gemäß Daten des Institute of International Finance wurden von Jänner bis Oktober über 50 Mrd. USD in chinesische Aktien investiert. Dies war 4½-mal so viel wie im vergleichbaren Vorjahreszeitraum und der größte Betrag seit vier Jahren. Dabei investierten sowohl Ausländer:innen als auch heimische Privatanleger:innen in den chinesischen Markt. Verkäufe aktiver Fonds-Manager:innen wurden durch Zuflüsse in passiv gemanagte Anlageprodukte mehr als ausgeglichen. Die Zuflüsse erfolgten demnach unter anderem, um an der Performance chinesischer Technologiewerte zu partizipieren. Auch wurde der chinesische Aktienmarkt als Diversifikationsmöglichkeit zu den US-Märkten nach deren Höhenflügen angesehen.
KI-Euphorie und Annäherung im Zollstreit
Einer der Gründe für die starke Performance des MSCI China und des Hang Seng ist die gute Kursentwicklung von Technologie-Aktien im Zuge der KI-Euphorie, denn beide Indizes sind technologielastig. Der CSI 300 wurde hingegen unter anderem durch schwache Immobilien-Aktien etwas ausgebremst.
Daneben profitierten chinesische Aktien von Entspannungszeichen im Zollstreit zwischen den USA und China. US-Präsident Donald Trump und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hatten sich Ende Oktober am Rande des APEC-Gipfels in Südkorea getroffen und den Zoll-Konflikt entschärft. Zuvor hatte sich bereits in mehreren Verhandlungsrunden zwischen Unterhändlern der USA und Chinas eine Annäherung angedeutet. Die Liste der bilateralen Probleme soll kontinuierlich verkürzt werden, auch wenn viele Details noch unklar sind. Die USA werden den in Verbindung mit Fentanyl verhängten Zollsatz für ein Jahr von 20 % auf 10 % senken, womit der effektive Zollsatz der USA auf chinesische Importe von 41 % auf 31 % fällt. Vor Trumps Amtsbeginn im Jänner lag dieser aber nur bei 11 %. Die Absenkung des Zollsatzes ist grundsätzlich positiv für die chinesischen Exporteure. China wiederum wird die Beschränkungen für Seltene Erden um ein Jahr verschieben, worauf die USA gedrängt hatten. Eine formelle Vereinbarung hierzu gibt es allerdings noch nicht. Ferner setzen beide Länder ihre Strafmaßnahmen im Zusammenhang mit der Schifffahrt aus und China hat sich verpflichtet, wieder US-Sojabohnen zu kaufen. Trump wird im April China besuchen und hat Xi zu einem Gegenbesuch in den USA eingeladen.
Für China sind Exporte ein wichtiger Wachstumsmotor. In den ersten drei Quartalen 2025 trugen die Ausfuhren rund 30 % zum Wachstum bei. Der Zollstreit zwischen den USA und China macht sich in der Verteilung der Exporte bemerkbar: Während die chinesischen Ausfuhren in die USA zwischen Jänner und September gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 17 % gefallen sind, sind sie in Nicht-US-Märkte wie zum Beispiel asiatische Länder und Europa um 10 % gestiegen.
Staatliche Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft
Im Frühjahr hatte die chinesische Regierung für die Wirtschaft in diesem Jahr erneut ein Wachstumsziel von „rund 5 %“ vorgegeben. Dieses Ziel galt bei Bekanntgabe als ambitioniert, da sich die Binnenwirtschaft lediglich verhalten entwickelt und es externe Herausforderungen wie zum Beispiel den Zollstreit mit den USA gibt. Die Regierung hatte damals Maßnahmen beschlossen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Im Zentrum dieser Maßnahmen stand die Stärkung des Konsums. So sollte die Verbraucherstimmung verbessert, die Kaufkraft gesteigert und Gruppen mit niedrigem und mittlerem Einkommen gestärkt werden. Banken wurden ermutigt, dem Privatsektor verstärkt Kredite zu geben. Daneben sollten aufstrebende Industrien weiterentwickelt werden, um technologische Eigenständigkeit zu erreichen. Und schließlich wurde eine Stabilisierung des Wohnungsmarktes versprochen. Um die Ziele zu erreichen, wurde die Staatsverschuldung deutlich erhöht.
Den Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt zufolge scheinen die Maßnahmen der Regierung insgesamt betrachtet zu wirken, denn die Konjunktur befindet sich auf Zielkurs. Allerdings hat die Dynamik im Jahresverlauf nachgelassen und es deutet einiges auf einen schwachen Start in das vierte Quartal hin, wobei die Vergleichsbasis für das Schlussquartal relativ hoch ist. Die Industrieproduktion ist im Oktober zwar noch merklich gestiegen, der Konsum zeigte sich aber weiter verhalten, wie man an den wenig dynamischen Einzelhandelsumsätzen erkennen kann. Das heißt, die chinesischen Unternehmen produzieren zu viel und neu produzierte Güter werden entweder exportiert oder in Lagerhäusern gehortet. Nun gibt es aber Anzeichen dafür, dass die Märkte außerhalb der USA nicht mehr in der Lage sind, Importe aus China wie im bisherigen Maß aufzunehmen. Daneben sind die Investitionen in Sachanlagen deutlich zurückgegangen. Zudem sind die Probleme im Immobilienmarkt weiter ungelöst, wo die Preise für Bestands- und Neubauten seit mittlerweile rund 2½ Jahren ununterbrochen fallen. Dies alles erfordert weitere politische Impulse zur Stützung der Wirtschaft, die es aber wohl heuer nicht mehr geben wird.
Impulse sollen vom neuen Fünfjahresplan für den Zeitraum 2026-2030 ausgehen, der vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas Ende Oktober verabschiedet wurde. Die darin beschriebenen Vorhaben knüpfen an die Maßnahmen vom Frühjahr an. Zum einen soll durch den Ausbau des Binnenmarktes der Konsum der privaten Haushalte angekurbelt werden. Zum anderen setzt China seine Industriepolitik fort, um die Entwicklung einheimischer Technologien (zum Beispiel Halbleiter und Künstliche Intelligenz) und die Modernisierung der Fertigung (zum Beispiel durch Digitalisierung) voranzutreiben. Neben zahlreichen Innovationen strebt China im Industriebereich technologische Unabhängigkeit an. Auch will China seinen Einfluss im globalen Süden ausweiten. Wie genau die Ziele des neuen Fünfjahresplans erreicht werden sollen, will die Regierung im März bekanntgeben.
Viele Marktteilnehmer:innen sehen den größeren Einfluss des Staates und das Autarkiestreben jedoch kritisch. Denn diese dürften das Wirtschaftswachstum bremsen. Zudem dürften sich die weiter bestehenden strukturellen Probleme wie zum Beispiel im Bau- und Immobiliensektor negativ auf die Konjunktur auswirken. Der Zollstreit mit den USA dürfte ebenfalls nachhallen, auch wenn die Zeichen hier auf Entspannung stehen. Die Marktteilnehmer:innen erwarten daher, dass sich das Wirtschaftswachstum von heuer rund 5 % im nächsten Jahr in Richtung 4 % abschwächt. Damit würde China aber immer noch stärker wachsen als die USA, Europa und viele andere Länder.
Auf den Punkt gebracht
Die chinesische Regierung wird wahrscheinlich auch zukünftig mit staatlichen Maßnahmen dazu beitragen, dass die Konjunktur die gesteckten Ziele erreicht. Die Entspannung im Zollstreit mit den USA hilft dabei. Eine Herausforderung bleibt der nach wie vor schwache Immobilienmarkt. Auch der zunehmende staatliche Einfluss auf die Wirtschaft ist kritisch zu sehen.
China ist seit mehreren Quartalen in Form eines passiv gemanagten ETFs fester Bestandteil unserer Aktien-Allokation und hat heuer zur positiven Performance unserer Asset Management-Strategien beigetragen. Wie andere Länder und Regionen beobachten wir auch China laufend und nehmen bei Bedarf Anpassungen an unserer Allokation vor.
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Marketingmitteilung
Stand 18.11.2025
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