Der vergangene Winter ging zwar mit eher milden Temperaturen einher, war aber auch durch eine unsichere Versorgungslage der Energieträger gekennzeichnet. Zudem waren die Energiepreise sehr hoch und volatil. Nun fragen sich viele, wie gut wir durch den bevorstehenden Winter kommen und ob wir uns auf abermals hohe Preise einstellen müssen. Sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Unsicherheiten möglichst zu minimieren und erneute starke Preisanstiege zu verhindern.

Relativ entspannte Versorgungssituation mit Erdgas

Die Versorgungssituation insbesondere mit Erdgas hat sich in den letzten Monaten spürbar entspannt. Die Gasspeicher wurden heuer wesentlich früher befüllt als im vergangenen Jahr. Im Oktober lag der Füllstand der Gasspeicher laut Angaben des Klimaschutzministeriums bei durchschnittlich 97,11 % – er war damit über 10 Prozentpunkte höher als vor einem Jahr. Am 18. November waren die Gasspeicher sogar zu 99,29 % gefüllt, was einer Menge von 96,95 TWh entspricht – die Speicher sind also voll. Darin enthalten ist eine strategische Reserve in Höhe von 20 TWh, die der Bund letztes Jahr zur Versorgungssicherheit beschafft hat. Diese soll laut Regierungsangaben möglichst lange in den Speichern bleiben. Auf EU-Ebene als Ganzes ergibt sich mit Blick auf die Füllstände ein ähnliches Bild.

Österreichische Gasspeicher besser gefüllt als vor einem Jahr (in TWh) — Gas Infrastructure Europe (GIE); Stand 18. November 2023

Dass die Gasspeicher aktuell voll sind, hat mehrere Gründe. Ein Aspekt dabei ist, dass die Österreicher:innen im letzten Winter viel Energie eingespart haben, so dass die Speicher im Frühjahr noch gut gefüllt waren. Von August 2022 bis März 2023 wurde laut Angaben des Klimaschutzministeriums fast 20 % weniger Erdgas verbraucht als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Damit lag Österreich über dem EU-Durchschnitt von 17,7 %. Bis März 2024 gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten ein freiwilliges Einsparziel von 15 %. Zwischen 2017 und 2021 hat Österreich durchschnittlich 95 TWh Gas pro Jahr verbraucht. Inklusive der strategischen Reserve könnte der Verbrauch hierzulande also mit den vorhandenen gespeicherten Gasvorräten gedeckt werden. Allerdings gehört fast die Hälfte des in Österreich gespeicherten Gases Unternehmen aus anderen Ländern. Bei diesen handelt es sich teilweise um internationale Gashändler, die nicht vorab festlegen, in welchem Land sie das eingelagerte Gas verkaufen.

Ein weiterer Aspekt, der zu einer höheren Versorgungssicherheit beiträgt, ist, dass es mittlerweile mehr Möglichkeiten zur Gasbeschaffung gibt. Damit wird angestrebt, Erdgas aus anderen Ländern als Russland zu importieren und so die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu senken. Und tatsächlich sind die russischen Importmengen an Gas seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges im Februar 2022 absolut um fast die Hälfte zurückgegangen. Relativ betrachtet stammt aber immer noch der Großteil der Gasimporte Österreichs aus Russland. Der Importanteil nicht-russischer Quellen setzt sich vor allem aus norwegischem Gas und Flüssiggas (LNG) zusammen, das im Wesentlichen über Routen durch Deutschland und Italien eingeführt wird. Mit Deutschland wurde ein Projekt zum Ausbau der Gasinfrastruktur gestartet, so dass noch mehr Gas von Deutschland nach Österreich transportiert werden kann.

Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher:innen

Bei den bereits eingeführten oder sich in Planung befindlichen Maßnahmen steht die Entlastung der Verbraucher:innen im Mittelpunkt. So wird auf EU-Ebene darüber verhandelt, die Stabilität des Energiemarktes zu erhöhen. Österreich setzt sich laut Regierungsangaben dabei für den Schutz der Verbraucher:innen vor volatilen Energiepreisen, für eine höhere Stabilität und Vorhersagbarkeit der Energiekosten sowie für die Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien ein. Vergangenes Jahr wurde zudem die EU Energy Platform eingerichtet, mit dem Ziel, europäische Unternehmen beim Kauf von Gas aus nicht-russischen Quellen zu unterstützen. Mittels einer gebündelten Nachfrage sollen für die Käufer:innen gute Preise erzielt werden.

In Österreich hat die Regierung im letzten Dezember die Stromkostenbremse eingeführt, um die Energiekosten zu senken. Auch werden Zufallsgewinne der Energieunternehmen abgeschöpft, um die hohe Inflationsrate zu senken und niedrige Energiepreise schneller von den Unternehmen an die Kund:innen weiterzugeben. Und schließlich sollen mit dem geplanten Elektrizitätswirtschaftsgesetz die Rechte der Energiekund:innen gestärkt und leistbare Preise geschaffen werden.

Energiewende soll langfristig für Entspannung sorgen

Um langfristig Energiekrisen möglichst zu verhindern, setzt unsere Regierung stark auf die Energiewende. Sie unterstützt das Vorhaben mit verschiedenen Förderungen, damit die Österreicher:innen weg von fossiler Energie kommen. Dabei spielt zum Beispiel das sich in Planung befindliche Erneuerbare-Wärme-Gesetz eine zentrale Rolle, das den Einbau fossiler Heizsysteme in Neubauten verbieten soll. Darüber hinaus sollen bestehende Öl- und Kohleheizungen bis 2035 und Gasheizungen bis 2040 durch klimafreundliche Heizsysteme ersetzt werden. Ferner sollen die Verfahren bei Vorhaben der Energiewende beschleunigt und Genehmigungsverfahren schneller und unkomplizierter gemacht werden. Hierzulande gibt es ein starkes Interesse an erneuerbaren Energien, insbesondere an Photovoltaik-Anlagen.

Auswirkungen auf den Strommarkt

Der vermehrte Zubau von erneuerbaren Energien führt dazu, dass hier immer mehr Strom aus zum Beispiel Sonnenenergie, Windenergie und Wasserkraft gewonnen wird. Die fossilen Brennstoffe wie Erdgas oder Öl sind dagegen auf dem Rückzug. Bis 2030 soll der gesamte Stromverbrauch Österreichs vollständig aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Dies wurde im Erneuerbare-Ausbau-Gesetz verankert. Zudem entwickelt sich unser Stromsystem weg von einem zentralisierten hin zu einem dezentralen System. Das heißt, es wird immer mehr Strom von kleinen Anlagen direkt vor Ort erzeugt (zum Beispiel durch Photovoltaik-Module auf Dächern, Windkraftanlagen, Biogasanlagen). Da die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen aber stark wetterabhängig ist, hat das Klimaschutzministerium auch in diesem Winter zum Energiesparen aufgerufen. Denn auf einen nochmaligen warmen Winter, der trotz aller Widrigkeiten zu einer relativ entspannten Gas- und Stromversorgung beigetragen hat, kann man sich nicht verlassen. Der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid sieht die Stromversorgung diesen Winter trotz aller umgesetzten und geplanten Maßnahmen als herausfordernd.

Volatile Gas- und Strompreise

Der Gaspreis hing jahrzehntelang am Ölpreis und wurde durch die in den 1960er Jahren eingeführte sogenannte Ölpreiskopplung maßgeblich bestimmt. Auch heuer hat der Ölpreis noch Einfluss auf den Gaspreis, da viele Versorger noch alte, langfristige Lieferverträge einhalten müssen, die eine Ölpreiskopplung vorsehen. Im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes wurden aber Gasbörsen gegründet, so dass der Gaspreis mittlerweile deutlich weniger vom Ölpreis beeinflusst wird und vielmehr ein Eigenleben entwickelt hat. Dabei kann es am Börsen-Gasmarkt äußerst volatil zugehen, wie die letzten Jahre gezeigt haben. Für das europäische Festland – und damit auch für Österreich – hat sich Title Transfer Facility (TTF) als maßgeblicher Börsen-Gaspreis herauskristallisiert. TTF ist ein virtueller Handelspunkt für Erdgas in den Niederlanden. Das Gas wird in Euro je Megawattstunde (MWh) notiert. Viele Jahre ging es dabei im Gashandel eher ruhig zu. So lag der TTF-Gaspreis für Grundlast im Durchschnitt der Jahre 2016-2020 bei rund 15 EUR je MWh. Danach war es mit der Ruhe allerdings vorbei. Schon 2021 stieg der Gaspreis auf durchschnittlich über 47 EUR je MWh, da befürchtet wurde, dass die Gasvorräte für den kalten Winter nicht ausreichen könnten. Im letzten Jahr schließlich sprang er auf knapp 133 EUR je MWh im Durchschnitt nach oben, was im Wesentlichen auf den Russland-Ukraine-Krieg und dem damit verbundenen teilweisen Wegfall der russischen Gaslieferungen zurückzuführen ist. In der Spitze wurde ein Rekordwert von weit über 300 EUR je MWh erreicht. Mittlerweile hat sich die Lage wieder beruhigt und der börsengehandelte Gaspreis ist heuer auf durchschnittlich 41 EUR je MWh zurückgekommen. Das heißt aber nicht, dass es langweilig geworden wäre. Vielmehr sind auch dieses Jahr wieder einige Preisausschläge zu beobachten, so zuletzt nach dem Überfall der palästinensischen Terror-Organisation Hamas auf Israel.

Stark schwankender Erdgaspreis (TTF, in EUR je MWh) — FactSet; Stand 17. November 2023

Unser Strompreis wird grundsätzlich von den Großhandelspreisen, der Veränderung der Netzentgelte, Steuern und der CO₂-Abgabe beeinflusst. Österreich hat dabei europaweit mit die höchste Steuer- und Abgabenbelastung für private Stromkund:innen. Die Ermittlung des Strompreises in Österreich orientiert sich am sogenannten Merit-Order-System. Dies bedeutet, dass der Strom zunächst durch Wind-, Wasser- und Sonnenkraftwerke ins Netz eingespeist wird. Danach werden weitere teurere Kraftwerke hinzugenommen, bis der Strombedarf gedeckt ist. Dabei bestimmt der Preis des zuletzt eingespeisten Kraftwerks, welche in Österreich Gaskraftwerke sind, den Strompreis. Das Merit-Order-System ist eine EU-Regelung, die der EU-Rat erst im Oktober bestätigt hat. Die einzige Möglichkeit, den Strompreis vom Gaspreis abzukoppeln, besteht darin, die Verwendung von Erdgas zur Stromerzeugung vollständig einzustellen. Da der Strompreis derzeit aber noch stark vom Gaspreis abhängt, schwankt er entsprechend mit ihm. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es auch im Börsenstromhandel in den letzten Jahren turbulent zuging. Neben dem Gaspreis haben der Kohle- und CO₂-Preis, die ebenfalls börsengehandelt sind, Einfluss auf den Strompreis.

Auf den Punkt gebracht

Österreich wie auch die meisten anderen EU-Länder dürften heuer vor dem sich ankündigenden Winter besser gerüstet sein als vor einem Jahr. Dass die letzte Heizperiode schlussendlich relativ problemlos und mit noch gut gefüllten Gasspeichern überstanden wurde, spricht dafür, dass die Chancen auch für den kommenden Winter gut stehen. Entspannt zurücklehnen sollte man sich aber nicht. Denn schon unterdurchschnittliche Temperaturen würden zu einem höheren Gasverbrauch führen, der den Puffer aufzuzehren droht. Saisonal bedingt müssen wir uns in den kommenden Monaten auf volatile Gas- und Strompreise einstellen.

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Marketingmitteilung
Stand 22.11.2023
 

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