Anders als in einem Großteil der Welt wird in China in diesem Jahr das Wirtschaftswachstum wohl spürbar anziehen. Auslöser ist die abrupte Kehrtwende in der Corona-Politik. Denn wegen der lange Zeit verfolgten strikten Null-Covid-Strategie hat sich eine beträchtliche Konsumnachfrage aufgestaut, die nun freigesetzt werden dürfte.

Abruptes Ende der Null-Covid-Politik

Die chinesische Regierung hat – nach fast drei Jahren – im Dezember nach Protesten der Bevölkerung überraschend praktisch alle Corona-Kontrollen aufgehoben. Die Mobilitätsbeschränkungen und Testanforderungen wurden fallen gelassen, eine Quarantäne ist seit Jahresbeginn nicht mehr erforderlich. Statt auf die Infektionskontrolle, die teils zu Abriegelungen einzelner Wohnblöcke oder ganzer Stadtteile führte, konzentriert sich die Regierung seitdem auf die medizinische Behandlung und treibt die Impfung vor allem von älteren Menschen voran. Die Aufhebung der Beschränkungen hatte aber zunächst zu einer Welle an Neuinfektionen geführt, die mittlerweile offenbar abgeebbt ist.

Die Kehrtwende in der Corona-Politik und die damit zusammenhängenden zahlreichen Infektionen hatten die Wirtschaft zunächst massiv belastet. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe war im Dezember auf 47,0 gefallen, der für den Dienstleistungssektor auf 41,6. Dies waren die niedrigsten Werte seit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020. Die Auftragseingänge wie auch die Produktion gingen spürbar zurück, wobei letzteres darauf zurückzuführen war, dass viele Arbeiter sich mit dem Coronavirus infiziert hatten und nicht zur Arbeit erschienen waren. Das BIP-Wachstum von 3 % im Jahr 2022 verfehlte das offizielle Ziel von „ca. 5,5 %“ deutlich. Mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020 war dies die niedrigste Wachstumsrate seit über vier Jahrzehnten.

Offizielle Einkaufsmanagerindizes China — Quelle: FactSet; Stand per 31. Jänner 2023

Erholungszeichen für die Wirtschaft mehren sich

Die chinesische Wirtschaft erholt sich allem Anschein nach dank der Aufhebung der Corona-Restriktionen mittlerweile aber schneller als von vielen Marktbeobachtern erwartet. Auf den Einbruch unmittelbar nach der Öffnung folgt nun die Gegenbewegung. Die Mehrheit der Bevölkerung scheint sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben und die Behörden haben keine neuen Kontrollen eingeführt.

Die Regierung in Peking räumt der wirtschaftlichen Erholung im Jahr 2023 Vorrang ein und legt wieder ein stärkeres Gewicht auf die Förderung des Wachstums. Um die Wirtschaft anzukurbeln, hat sie umfassende Maßnahmen zur Stützung des angeschlagenen Immobiliensektors beschlossen. Daneben erhöht sie die Infrastrukturausgaben und erleichtert die Kreditbedingungen. Die Kreditaktivität im Jänner deutet auf ein verbessertes Geschäftsklima hin und Firmen stehen einer Aufnahme neuer Kredite positiver gegenüber. Zudem haben die Behörden signalisiert, dass der regulatorische Druck auf Unternehmen im Privatbesitz, vor allem im Technologiesektor, verringert wird. Außerdem versucht die Regierung, die Beziehungen zum Ausland zu verbessern, um die Handelsströme anzukurbeln und die Energieversorgung zu sichern.

Viele Menschen sind offenbar bereit, wieder mehr Geld auszugeben, wozu die günstigen Verbraucherkredite beitragen. Dies sollte einen umfassenden Aufschwung der Wirtschaft begünstigen. Eine deutliche Ausweitung der Konsumausgaben ist auch vonnöten, um dem Abwärtsdruck wegen der Immobilienkrise und der schwachen Exporte entgegenzuwirken. Das hohe Reiseaufkommen und das lebhafte Ausgabeverhalten der Menschen während der chinesischen Neujahrsfeiertage deuten auf eine starke Erholung der Verbrauchernachfrage hin, was sich im offiziellen Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor niederschlägt. Dieser ist im Jänner auf 54,4 nach oben gesprungen und liegt damit wieder über der Schwelle von 50, die Expansion anzeigt. Offenbar hat sich Nachfrage aufgestaut.

Der Internationale Währungsfonds IWF hat deswegen seine Wachstumsprognose für China merklich nach oben revidiert. Demnach soll die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr um 5,2 % wachsen.

Entwicklung des BIP-Wachstums in China — Quelle: FactSet, IWF; Stand per 31. Jänner 2023

Herausforderungen

Auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im vergangenen Oktober hat die chinesische Führung nichts an den mittel- bis langfristigen politischen Zielen und übergreifenden Prinzipien geändert. So bemüht sie sich, die Verschuldung der Wirtschaft und hier insbesondere des Immobiliensektors nicht weiter deutlich steigen zu lassen. Generell ist die öffentliche Verschuldung in den letzten drei Jahren deutlich gestiegen, was Druck auf die öffentlichen Finanzen ausübt. Sobald die Wirtschaft Schwung aufgenommen hat und die Immobilienkrise überwunden ist, dürfte die Kampagne zum Schuldenabbau wieder aufgenommen werden. Zudem hält die Regierung an ihrem Ziel einer stärker staatlich gelenkten Wirtschaft fest, auch wenn sie vorübergehend den Druck auf private Unternehmen verringert. China strebt ferner nach einem größeren Einfluss auf der Weltebene, womit das Land wirtschaftlich wie politisch in Konkurrenz zu den USA steht. Das Ziel einer weitgehenden Unabhängigkeit von westlicher Technologie besteht fort, auch wenn der technologischen Eigenständigkeit Grenzen gesetzt sind und ausländische Technologie nach wie vor dringend benötigt wird. Die USA und verbündete Länder haben jedoch jüngst Exportbeschränkungen von modernen Halbleitern und Anlagen zur Chipherstellung nach China verhängt, was dem Wachstum mittel- bis längerfristig schaden dürfte. Nationale Sicherheitserwägungen werden die zukünftige Wirtschaftspolitik zunehmend bestimmen.

Unmittelbar herausfordernd ist für China das schwierige globale Umfeld. Viele Ökonomen und Marktbeobachter erwarten nach wie vor einen weltweiten Abschwung oder zumindest nur ein geringes positives Wirtschaftswachstum. Daher dürften auch Chinas Exporte, die seit Oktober gegenüber dem Vorjahr fallen, zunächst schwach bleiben.

Ein Sorgenkind bleibt der angeschlagene Immobiliensektor, auch wenn ihn die Regierung seit Jahresbeginn unterstützt. Der Immobiliensektor hat für die chinesische Wirtschaft eine immense Bedeutung, da die Bauinvestitionen für mehr als 10 % des Bruttoinlandsproduktes stehen. Bis zu einer Umkehr der anhaltenden Schwäche des Immobiliensektors wird es noch eine Weile dauern.

Trotz der erwarteten Beschleunigung wird die chinesische Wirtschaft aller Voraussicht nach nicht zu den Wachstumsraten vor der Corona-Krise (6-7 %) oder gar den zweistelligen Raten vor der Finanzkrise zurückkehren. Das Wachstum dürfte sich in den kommenden Jahren im Trend vielmehr weiter abschwächen, was jedoch nicht ungewöhnlich ist. China hat sich in den letzten Jahrzehnten stark entwickelt. Von einem höheren Entwicklungsstand aus sind sehr hohe Wachstumsraten kaum noch zu erzielen.

Auswirkungen auf den Rest der Welt

Die Entwicklung in China dürfte die Konjunktur in den westlichen Industrieländern stützen. Denn mit einem stärkeren Wirtschaftswachstum wird in China die Nachfrage nach westlichen Gütern wieder deutlicher zulegen. Zudem werden die Lieferkettenprobleme, die durch die wiederholten Lockdowns verursacht oder verschärft wurden, abnehmen. Bildlich gesprochen könnte sich China als Lokomotive wieder vor den Zug spannen.

Auf den Punkt gebracht

Die Wiedereröffnung weiter Teile der Wirtschaft nach der Wende der Corona-Politik dürfte das Wachstum in China in diesem Jahr ankurbeln. Schon in Kürze könnte sich die Wirtschaftstätigkeit normalisieren. Der Konsum sollte sich weiter erholen, da die privaten Haushalte über beträchtliche Ersparnisse verfügen, die sie einsetzen können. Wir haben chinesische Aktien wegen der sich aufhellenden Perspektiven in unseren Anlagestrategien neu aufgenommen.

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Marketingmitteilung
Stand 22.02.2023

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