Seit der russischen Invasion in die Ukraine im Februar ist der Gaspreis in Europa immer wieder teils dramatischen Kursbewegungen ausgesetzt und wurde zum Gegenstand russischen Kalküls. Moskau zeigt sich dabei als unzuverlässiger Lieferant und instrumentalisiert Rohstoffe als wirtschaftliche Waffe gegen Europa. Wir blicken auf die aktuellen Rahmenbedingungen und ordnen die Einflussfaktoren auf den Gaspreis ein.

Die Reduktion der russischen Gaslieferungen und die damit verbundene Sorge, dass die Gasspeicher für den Winter nicht reichen könnten, zwingen Europa auf mehreren Ebenen zum Handeln. Einerseits versucht die europäische Politik, die Nachfrage nach Energie zu senken und mit großzügigen Entlastungspaketen die Bevölkerung und Unternehmen zu unterstützen. Andererseits muss die Verfügbarkeit von Alternativen wie z.B. LNG (verflüssigtes Erdgas aus USA und dem Nahen Osten) rasch ausgebaut werden. Dies ist jedoch ein langfristiger Prozess. Die Unsicherheit, ob und wann eine Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen erfolgt, hat die Preise in den vergangenen Wochen für Gas in Europa massiv nach oben getrieben. Zuletzt war jedoch wieder eine leichte Entspannung zu beobachten. Die weitere Entwicklung des Gaspreises hängt von vielfältigen politischen und wirtschaftlichen Faktoren sowie dem Wetter in den kommenden Monaten ab.

Der Ukraine-Krieg als Preistreiber

Der Hauptgrund für die rasant gestiegenen Gaspreise in diesem Jahr war der Ukraine-Krieg und die damit einhergehenden Drosselungen der russischen Gaslieferungen. Eine rasche Lösung des Konflikts scheint aktuell außer Reichweite. Eine Beendigung der kriegerischen Handlungen bzw. ein Abkommen mit Kiew würde Wladimir Putin in Russland schwach erscheinen lassen und ist daher vorerst nicht zu erwarten. Damit bleibt es wahrscheinlich, dass der russische Präsident den Gashahn weiterhin als Antwort auf die Sanktionen des Westens verwenden wird.

Somit liegt es an der europäischen Politik, Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise zu setzen. Zur Beschwichtigung der Bevölkerung und der Industrie, die unter den massiv gestiegenen Energierechnungen ächzen, wurden in zahlreichen europäischen Ländern bereits finanzielle Hilfspakete geschnürt und Einmalzahlungen an private Haushalte beschlossen. Außerdem wird in den europäischen Hauptstädten auch angeregt über Preisobergrenzen für Gas diskutiert. Zur Finanzierung der Pakete denkt man vielerorts über eine Solidaritäts-Steuer auf sogenannte „Windfall“-Profite von Energieunternehmen nach. 

Zudem wurden in vielen europäischen Ländern Energiesparmaßnahmen ausgerufen. In Deutschland etwa, fließt aktuell kein warmes Wasser aus Wasserhähnen in öffentlichen Gebäuden, welche zudem nur mehr bis maximal 19°C Raumtemperatur beheizt werden. Auch bei den Beleuchtungen in der Nacht kommt es zu Einsparungen. Es ist zu hoffen, dass sich die breite Masse daran beteiligt und die Nachfrage tatsächlich so stark, wie erhofft, fällt.

Der Lieferstopp über die Pipeline Nord Stream 1 wirkt sich auf den europäischen Gaspreis (TTF Natural Gas) aus — Quelle: FactSet per 19.9.2022

Wie reagiert die Wirtschaft?

Wenn die gestiegenen Gaspreise allerdings länger hoch bleiben, wird es gerade bei energieintensiven Betrieben zu Rückgängen bei der Produktion kommen. Dies wirkt sich dämpfend auf die Energienachfrage aus. Anhaltend hohe Energiepreise zwingen schlussendlich auch die privaten Haushalte, ihre Thermostate herunterzudrehen und Einsparungen vorzunehmen. Die Kombination aus rückläufiger Industrieproduktion und geringerem Konsum führt wiederum zu einem geringeren Wachstum und der Gefahr einer Rezession, welche die Energienachfrage weiter reduzieren würde. 

Das Wetter, ein nicht kalkulierbarer Parameter

Das Wetter bleibt ein kaum einschätzbarer Faktor. Der niedrige Wasserstand im Laufe des letzten trockenen und heißen Sommers sorgte für geringere Stromerzeugung aus Wasserkraftwerken, Einschränkungen beim Schiffsverkehr für die Lieferung von Kohle an deutsche Kraftwerke und auch zu einer geringeren Auslastung von Atomkraftwerken aufgrund mangelnden Kühlwassers.

In Summe war dies ein Umfeld, welches sowohl die Nachfrage als auch den Preis nach Gas als Energiequelle hochhielt. Unterdurchschnittliche Niederschläge und Temperaturen im anstehenden Herbst und Winter würden die Gaspreise hochhalten, während ein windiger, stürmischer Herbst und Winter den Output der erneuerbaren Energie steigern würde und damit eine Entlastung bei der Nachfrage nach Gas bringen würde. 

Auf den Punkt gebracht

Ausgehend von einem durchschnittlichen Winter wird es höchstwahrscheinlich nicht zu den befürchteten Gas-Rationierungen kommen. Die Gaslager in Europa sind bereits gut gefüllt und LNG-Lieferungen aus den USA werden in den kommenden Wochen noch zunehmend erwartet. Die nach wie vor hohe Inflation gepaart mit einer abnehmenden wirtschaftlichen Dynamik sollten zudem weiter die Nachfrage nach Energie dämpfen. Dies spricht für einen nachlassenden Preisdruck. 

Allerdings bleibt der Gasmarkt in Europa weiterhin äußerst angespannt. Eventuell zunehmende Sorgen vor einem strengen Winter oder unvorhergesehene Entwicklungen in der Ukraine könnten jederzeit für kurzfristige, aber heftige Ausschläge beim Gaspreis sorgen und lassen in den kommenden Wochen noch einen volatilen Markt erwarten. Mittelfristig sollte der Aufwärtsdruck abnehmen und der Gaspreis wieder unter den aktuell erhöhten Niveaus notieren. Dies wäre auch ein gutes Umfeld für die europäischen Unternehmen, die von niedrigeren Energiepreisen und damit verbunden auch wieder besseren, konjunkturellen Wachstumsaussichten profitieren würden. 

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Marketingmitteilung
Stand 22.09.2022

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