Die hohe Inflation hat die meisten Notenbanken veranlasst, die Zinsen deutlich anzuheben. Zwar hat die Inflation vielerorts mittlerweile ihren Scheitelpunkt überschritten, sie kommt aber nur langsam zurück. Einhergehend mit bislang oftmals überraschend guten Konjunkturdaten bleibt der Druck auf die Notenbanken hoch. Wir erörtern, wie weit die Zinsen in der Eurozone und den USA noch steigen können.

Inflation führt zu umfangreichen Zinserhöhungen

In der Eurozone hat die Inflation letzten Oktober ihren Hochpunkt erreicht. Seitdem ist sie etwas zurückgekommen – die Gesamtrate lag im Februar bei 8,5 %. Die Kernrate, die die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt, ist jedoch weiter auf rekordhohe 5,6 % gestiegen. Dies zeigt, dass der unterliegende Preisauftrieb unverändert hoch ist und bereitet der Europäischen Zentralbank EZB wohl das größte Kopfzerbrechen. Im Rahmen ihrer nächsten Sitzung wird sie aktualisierte Inflationsprognosen veröffentlichen. Zuletzt gingen die Währungshüter davon aus, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr auf durchschnittlich 6,3 % zurückkommen. Der Markt erwartet einen stärkeren Rückgang auf 5,6 %. Ein weiteres Sorgenkind bleiben auch die Produzentenpreise, die bislang noch nicht wieder den starken Anstieg von zuvor korrigiert haben und im Jänner noch um 15 % gegenüber Vorjahr gestiegen sind. Seit letztem Juni hat die EZB die Zinsen um insgesamt 300 Basispunkte angehoben – so stark wie noch nie seit Einführung des Euro – und wird laut Aussagen wie von EZB-Präsidentin Lagarde die Zinsen weiter erhöhen. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt aktuell bei 3,0 %, der Einlagensatz bei 2,5 %.

In den USA ist die Inflation stärker von ihrem Hochpunkt im Juni gefallen als in der Eurozone. Im Jänner lag die Gesamtrate bei 6,4 % und die Kernrate bei 5,6 %. Zunächst sank der Inflationsbeitrag der Waren, dann der der Energie. Der verbliebene Inflationstreiber sind die Preise für Dienstleistungen, die vor allem an den Arbeitskosten hängen. Der Markt erwartet in diesem Jahr einen Rückgang auf durchschnittlich 4,0 %. Die Produzentenpreise waren in den USA mit einem Jahresanstieg im Jänner von 6,0 % höher als erwartet, was auf anhaltenden Inflationsdruck hindeutet. Die US-Notenbank Fed hat innerhalb der letzten zwölf Monate die Zinsen um insgesamt 450 Basispunkte angehoben. Dies war der stärkste Zinsanstieg seit den frühen 80er Jahren. Die Leitzinsen liegen aktuell in einem Korridor von 4,5 % bis 4,75 %.

Leitzinsen in der Eurozone und in den USA — Quelle: FactSet; Stand per 2. Februar 2023

Das Ende ist noch nicht erreicht

Der Markt erwartet, dass die EZB die Zinsen auf ihrer Sitzung am 16. März um weitere 50 Basispunkte erhöht. Dies hat auch EZB-Präsidentin Lagarde mehrfach signalisiert. Nach den Inflationszahlen Anfang März wurden die Zinserwartungen zunächst weiter nach oben geschraubt und nach den Turbulenzen im US-Bankensektor wieder nach unten angepasst. Für die EZB-Sitzung am 4. Mai schwankt der Markt zwischen einer Zinsanhebung um 25 oder 50 Basispunkte. Danach (auf den Sitzungen am 15. Juni und 27. Juli) soll es mit zwei Zinsschritten à 25 Basispunkte weitergehen. Mittlerweile sind bis zum Sommer von heute aus betrachtet insgesamt 125 Basispunkte eingepreist. Der Hochpunkt im Zinserhöhungszyklus der EZB würde also bei 4,25 % (Hauptrefinanzierungssatz) bzw. 3,75 % (Einlagensatz) liegen. Damit könnten die Markterwartungen aber über das Ziel der EZB hinausgeschossen sein. Denn im EZB-Rat herrscht nicht unbedingt Einigkeit, dass die Zinsen tatsächlich noch in diesem Ausmaß erhöht werden. Zwar haben sich einige Ratsmitglieder dahingehend positioniert. Aber die Tauben im Rat, die die Mehrheit in diesem Gremium stellen, haben bereits gewarnt, dass die restriktive Geldpolitik nicht übertrieben werden solle.

Auch in den USA werden die Zinsen auf den nächsten Sitzungen aller Voraussicht nach weiter angehoben. Seit vielen Wochen predigen Fed-Präsident Powell und alle anderen FOMC-Mitglieder, dass die Zinsen nicht nur weiter steigen werden, sondern auch hoch bleiben. Kein FOMC-Mitglied erwartet, dass die Zinsen in diesem Jahr gesenkt werden. Das hat der Markt lange Zeit anders gesehen. Erst seit wenigen Wochen nähern sich die Markterwartungen den Fed-Projektionen an. Mit Spannung werden die neuen sogenannten Dot Plots der FOMC-Mitglieder auf der kommenden Sitzung erwartet. Bei den angepassten Zinserwartungen spielt der nach wie vor sehr robuste Arbeitsmarkt, der keine Anzeichen von Schwäche erkennen lässt, eine Hauptrolle. Nach der halbjährlichen Anhörung von Powell vor Kongressausschüssen und dem erneut starken Arbeitsmarktbericht letzte Woche tendierte der Markt für die kommende Fed-Sitzung am 22. März zu einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Im Zuge der Bankenpleiten in den USA wurden die Erwartungen aber wieder nach unten korrigiert. So wird jetzt für die nächste Fed-Sitzung ein Zinsschritt von 25 Basispunkten unterstellt. Bis Mitte des Jahres soll danach nur noch eine weitere Zinsanhebung um 25 Basispunkte erfolgen. Der Hochpunkt im Zinserhöhungszyklus der Fed liegt demnach bei 5,25 % (Obergrenze). Die zwischenzeitlich schon ausgepreiste Zinssenkung gegen Ende des Jahres ist mittlerweile wieder vollständig eingepreist.

Nach den oben beschriebenen Zinserhöhungen dürften die EZB und die Fed nach jetzigem Stand im Sommer ihren Zinserhöhungszyklus beenden. Denn bis dahin sollte sowohl in der Eurozone als auch in den USA die Inflation weiter zurückgekommen sein und die bisherigen Zinsanhebungen sich in den Wirtschaftsdaten stärker bemerkbar machen. Ob, wann und wie schnell die Zinsen anschließend gesenkt werden, ist unklar. In den USA dürfte eine Zinssenkung früher erfolgen als in der Eurozone, da die Fed zuletzt schneller und entschlossener als die EZB auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagiert hat.

Renditen 10-jähriger Staatsanleihen in Deutschland und in den USA — Quelle: FactSet; Stand per 10. März 2023

Auswirkungen der Zinserhöhungen

Auf die Konjunktur hatten die Zinserhöhungen der EZB und der Fed bislang kaum Auswirkungen. Um den Einfluss von Zinsveränderungen auf die Wirtschaft beurteilen zu können, ist es aber noch etwas zu früh. Denn es wird gemeinhin angenommen, dass die Wirkung mit einer Verzögerung von drei bis vier Quartalen einsetzt, sich also demnächst erst bemerkbar macht. Die Konjunkturdaten waren sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks bis zuletzt zumeist überraschend gut. Die von vielen Ökonomen und Marktbeobachtern lange erwartete Rezession in der Eurozone und in den USA ist bislang ausgeblieben. Auch wenn es derzeit kaum Anzeichen einer bevorstehenden Rezession gibt, heißt dies allerdings nicht, dass sie gar nicht mehr kommt – getreu dem Motto „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“. Aktuell hat sich unter den Marktteilnehmern aber eher die Meinung durchgesetzt, dass der Konjunktur ein sogenanntes Soft Landing gelingt, als dass sie in eine Rezession abrutscht.

Die guten Konjunkturdaten deuten auf eine gewisse Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft hin, trotz der bislang erfolgten Zinserhöhungen. In der Eurozone ist zum Beispiel das Verbrauchervertrauen im Jänner auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen. Und wie man an den Einkaufsmanagerindizes erkennen kann, hellt sich zumindest bei den Dienstleistungsunternehmen der Ausblick auf. Der Internationale Währungsfonds IWF hatte Ende Jänner seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in der Eurozone in diesem Jahr leicht auf +0,7 % angehoben. In den USA zeigt sich insbesondere der Arbeitsmarkt weiterhin äußerst robust. Dieser lässt noch keine Anzeichen von Schwäche erkennen: Es werden nach wie vor viele neue Arbeitsplätze geschaffen, es stellen relativ wenige Menschen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und die Arbeitslosenrate liegt nur unweit des tiefsten Stands seit Ende der 60er Jahre. Laut IWF dürfte die US-Wirtschaft in diesem Jahr um 1,4 % wachsen, stärker als zuvor erwartet.

Deutliche Auswirkungen hatten die Zinserhöhungen auf die Anleiherenditen. Die Renditen der Staatsanleihen der Euroländer und vielmehr noch die der USA sind spürbar gestiegen. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen Deutschlands als größte Volkswirtschaft der Eurozone liegt aktuell bei 2,5 % und damit rund 130 Basispunkte höher als vor Beginn der Zinsanhebungen. In den USA weisen 10-jährige Staatsanleihen derzeit eine Rendite von 3,7 % auf, ca. 150 Basispunkte mehr als vor Jahresfrist. Noch stärker gestiegen sind die Renditen kürzer laufender Anleihen, so dass die Zinsstrukturkurve invers geworden ist. In den USA ist die Kurve sogar so invers wie zuletzt Anfang der 80er Jahre. Dies deutet eigentlich auf einen Wirtschaftsabschwung hin, denn in der Vergangenheit war eine inverse Zinsstrukturkurve ein recht zuverlässiger Frühindikator für Rezessionen. Obwohl die Renditen kräftig gestiegen sind, sind sie real betrachtet immer noch klar negativ, was an der noch hohen Inflation liegt.

Auf die Aktienmärkte hatten die Zinserhöhungen eine stark negative Auswirkung, denn höhere Zinsen machen Aktien unattraktiver. Dass die Aktienmärkte im letzten Jahr aber so schwach waren, lag auch an der pessimistischen Konjunkturerwartung der Marktteilnehmer. Ob die zu Jahresbeginn zu beobachtende Erholung Stand hat, wird sich zeigen müssen. Einen nachhaltigen Aufwärtstrend könnten die Aktienmärkte erst dann einschlagen, wenn die Notenbanken ihren Zinserhöhungszyklus beendet haben oder zumindest ein Ende dessen signalisieren.

Auf den Punkt gebracht

Da die Inflation nur langsam zurückkommt, bleibt der Druck auf die Notenbanken groß, mit weiteren Zinserhöhungen der hartnäckigen Teuerungsrate entgegenzuwirken. Die Marktbeobachter sind sich mittlerweile mit den Fed- und EZB-Offiziellen einig, dass die Zinsen weiter steigen werden. Daher ist mit entsprechenden Zinsschritten auf den nächsten Notenbanksitzungen zu rechnen. Erst wenn die Inflation nachhaltig auf dem Rückzug ist und/oder sich die Wirtschaft spürbar abschwächt, dürften die Notenbanken ihren Zinserhöhungszyklus beenden.

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Marketingmitteilung
Stand 13.03.2023
 

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