Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und Heimat von vielen Technologie- und Innovationsführern. Die Bank of Japan (BoJ) verfolgt seit vielen Jahren eine unkonventionelle Geldpolitik, die zu einer starken Abwertung des japanischen Yen geführt hat. Vor allem deswegen stößt der japanische Aktienmarkt aber seit einiger Zeit wieder auf Interesse bei Anleger:innen. Der Druck auf die BoJ wächst, ihre Geldpolitik zu straffen. Sie scheint allerdings auf Zeit zu spielen.

Das Land der aufgehenden Sonne im Überblick

Mit rund 125 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp 378.000 km² ist Japan eines der bevölkerungsreichsten Länder der Erde. Japan ist eine hoch industrialisierte freie Marktwirtschaft, wobei zwischen Staat und Industrie eine enge Zusammenarbeit besteht. Gemäß Daten des Internationalen Währungsfonds war Japan 2022 mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 4.300 Mrd. USD die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt - hinter den USA und China. Japan gehört zur „Gruppe der Sieben (G7)“ und hat heuer den G7-Vorsitz. Die Regierung arbeitet eng mit der Notenbank (Bank of Japan) in wirtschafts- und geldpolitischen Belangen zusammen. Japan zeichnet sich durch einen regen Außenhandel aus und ist der weltweit viertgrößte Exporteur und fünftgrößte Importeur. Es ist stark abhängig von importierten Rohstoffen, vor allem Energieträgern. Die wichtigsten Handelspartner Japans sind China, die USA, Taiwan und Südkorea.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Laut Angaben der Außenwirtschaft Austria der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ist Japan für unser Land der drittwichtigste Überseemarkt hinter den USA und China. Gemäß der österreichischen Exportstatistik haben die Ausfuhren nach Japan mit 1,8 Mrd. EUR 2022 ein neues Rekordhoch erreicht. Die Importe aus Japan haben auf 2,5 Mrd. EUR zugelegt. Österreich liegt unter allen EU-Staaten an 10. Stelle der Japan-Lieferanten, was die WKÖ vor allem auf die starke technologische Komponente der Handelsbeziehungen zurückführt. Etwa die Hälfte der österreichischen Japan-Exporte sind demnach Maschinenbauerzeugnisse (zum Beispiel PKW) sowie Maschinen und Anlagen für Japans Halbleiterindustrie. Ebenso stechen Holz und Holzprodukte hervor. Österreich importiert wiederum aus Japan unter anderem PKW und Investitionsgüter (zum Beispiel Maschinen, Verbrauchsmaterialien). Der Tourismus ist mit der Corona-Pandemie eingebrochen und hat sich bislang kaum erholt. 2022 besuchten fast 90 % weniger japanische Gäste Österreich als im Vor-Corona-Jahr 2019. Zuletzt wurde eine verhalten positive Entwicklung festgestellt.

Die ultra-lockere Geldpolitik der Bank of Japan

Die Bank of Japan (BoJ) ist die Zentralbank Japans. Analog zur EZB ist das Hauptziel der BoJ die Stabilität des Preisniveaus, um ein gesundes Wirtschaftswachstum zu ermöglichen. Seit dem Platzen der Immobilienblase Ende der 1980er Jahre setzt die japanische Notenbank auf eine expansive Geldpolitik, um Konsum und Investitionen zu stimulieren und damit das Wirtschaftswachstum in die Höhe zu treiben. Maßgebliche Richtwerte der japanischen Geldpolitik sind der negative Leitzins und ein Anleihe-Kaufprogramm. Der Leitzins wurde zuletzt im Jänner 2016 auf -0,1 % gesenkt und verharrt seitdem auf diesem Niveau. Im Gegensatz zu vielen anderen Notenbanken, die zur Bekämpfung der Inflation massiv die Zinsen angehoben haben, hat die BoJ an ihrer unkonventionell anmutenden Zinspolitik festgehalten. Dabei muss man allerdings wissen, dass in Japan jahrzehntelang ein Umfeld mit vorwiegend deflationären Phasen vorherrschte, dem die Regierung und Zentralbank mit vielen Maßnahmen erfolglos versucht haben entgegenzuwirken. Mittlerweile sind in Japan die Verbraucherpreise deutlich angestiegen – im Jänner wurden +4,3 % gegenüber dem Vorjahr gemessen. Damit blieb die Inflation aber weit unter den Höchstständen in der Eurozone oder den USA zurück und ist im August auch wieder auf 3,2 % zurückgekommen. Die BoJ scheint noch nicht davon überzeugt, dass die Teuerungsrate dauerhaft über ihrem Ziel von 2 % bleibt und damit doch nicht nachhaltig ist, wie von ihr erhofft. Denn es fehlt vor allem noch der Nachweis, dass die Löhne überzeugend und anhaltend steigen. Um Lohndruck zu erzeugen, will die Regierung Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur ergreifen.

Mit dem Anleihe-Kaufprogramm will die japanische Notenbank die Renditen der längerlaufenden Staatsanleihen kontrollieren. Mit der sogenannten Zinskurvenkontrolle hat sie es auf den zehnjährigen Bereich abgesehen. In den vergangenen Jahren hat die BoJ aber den Zielkorridor für die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen mehrfach ausgeweitet, so im Dezember letzten Jahres von +/-0,25 % auf +/-0,5 %. Und im Juli hat sie verkündet, dass die Zinskurvenkontrolle mit größerer Flexibilität betrieben würde. Das heißt, die Obergrenze, bis zu der die BoJ die Rendite toleriert, liegt jetzt bei 1 %. Bislang hat die BoJ immer dann am Markt interveniert und japanische Staatsanleihen gekauft, wenn die Rendite die Obergrenze des Zielkorridors erreicht hat. Damit wurde das langfristige Zinsniveau niedrig gehalten. Die Käufe waren oftmals so umfangreich, dass die BoJ fast die gesamten Anleihen-Neuemissionen der japanischen Regierung absorbiert hat. Mit anderen Worten: Die BoJ betreibt Staatsfinanzierung.

Bank of Japan lässt Renditeanstieg zu (Rendite 10-jähriger japanischer Staatsanleihen) — FactSet; Stand 22. September 2023

Der japanische Yen leidet

Die ultra-lockere Geldpolitik der Notenbank hat dazu geführt, dass die japanische Währung (JPY) stark abgewertet hat. Gegenüber dem US-Dollar hat der japanische Yen seit Anfang 2021 über 40 % verloren. Er bewegt sich auf die psychologisch wichtige Marke von 150 USD/JPY zu. Die Abwertung gegenüber dem Euro hat schon ein Jahr früher eingesetzt – die Verluste belaufen sich auf rund 30 %. Hier steht die Marke von 160 EUR/JPY im Fokus. Die schwache Währung hat die Kosten für Japans Energieimporte nach oben getrieben und zur Inflation beigetragen. Die BoJ hatte zeitweise versucht, mit Interventionen am Devisenmarkt der Yen-Schwäche zu begegnen (und Yen gekauft). Da sie aber gleichzeitig an der Zinskurvenkontrolle festgehalten und die Anleiherendite gedeckelt hat, hat sie dem Markt über diesen Weg Yen zugeführt. Die Interventionen zur Stützung der Währung waren damit zum Scheitern verurteilt. Am Markt wird aktuell spekuliert, ob die BoJ wieder intervenieren könnte, um den Yen zu stützen, da der Inflationsdruck mittlerweile größer geworden ist. Bislang hat es die BoJ bei verbalen Interventionen belassen. Sollten die oben angeführten Marken von 150 USD/JPY bzw. 160 EUR/JPY überschritten werden, könnten reale Interventionen folgen. Eine nachhaltige Erholung des Yen würde die BoJ aber wohl nur dann erreichen, wenn sie die Zinskurvenkontrolle beendet. Möglicherweise bekommt die Notenbank aber auf natürlichem Weg Hilfe, sollten die westlichen Wirtschaftsnationen in eine Rezession rutschen und damit deren Währungen geschwächt werden. Auch sollte der Yen von potenziellen Zinssenkungen der Fed, EZB und weiteren G10-Notenbanken profitieren, da dadurch der Zinsnachteil Japans geringer wird. Dies könnte wiederum japanische Anleger:innen veranlassen, wieder mehr im Inland zu investieren.

Deutliche Abwertung des Yen gegenüber dem Euro und US-Dollar — FactSet; Stand 22. September 2023

Japans Wirtschaft lange Zeit schwach

Japan steckte viele Jahre lang mit wenigen Ausnahmen in einem Zustand schwachen Wirtschaftswachstums fest. Denn die Wirtschaftspolitik bringt viele Nachteile mit sich und gilt als wenig nachhaltig. So sorgt die japanische Regierung seit mehreren Jahrzehnten dafür, dass die Preise stabil bleiben. Branchen, die von steigenden Inputkosten betroffen sind, erhalten staatliche Zuschüsse, um den Anstieg der Verbraucherpreise einzubremsen. Die Regierung muss die stabilen Preise aber mit immer weiter steigenden Ausgaben finanzieren. Daraus entstehen jedoch kaum höhere Steuereinnahmen, denn das unveränderte Preisniveau lässt weder Unternehmensgewinne noch Löhne steigen. Was jedoch wächst, sind die Staatsschulden, die laut IWF-Schätzung Ende letzten Jahres außerordentlich hohe 258 % des BIP ausmachten. Sollten die Anleiherenditen im Zuge einer strafferen Geldpolitik der BoJ deutlich steigen, könnte die Frage aufkommen, ob Japans Staatsschulden nachhaltig sind. Und die Schulden dürften mit den geplanten Konjunkturmaßnahmen noch weiter steigen. Zudem ist es nicht sicher, ob damit auch tatsächlich die Konjunktur angekurbelt werden kann. Denn ein Wirtschaftsabschwung in den westlichen Ländern würde wohl nicht spurlos an Japan vorübergehen. Daneben dürfte sich auch die Schwäche der chinesischen Wirtschaft auf die japanische auswirken, da China der wichtigste Handelspartner Japans ist. Und im Falle einer Beendigung der Zinskurvenkontrolle, die wohl mit einer aufwertenden japanischen Währung einhergehen würde, könnte die angestrebte wirtschaftliche Erholung ausgebremst werden und die Deflation wieder aufleben.

Japanische Aktien wieder stärker gefragt

Vor allem wegen der ultra-expansiven Geldpolitik der BoJ, die mit einem schwachen Yen einhergeht, stößt der japanische Aktienmarkt seit einiger Zeit wieder auf Interesse bei Anleger:innen. So haben insbesondere Exportunternehmen von der schwachen Währung profitiert, da sie im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen haben. Zudem sind japanische Aktien als Ganzes betrachtet günstig bewertet – sowohl absolut als auch relativ gegenüber der eigenen Historie und anderen ausländischen Unternehmen. Das viel beachtete Kurs-Gewinn-Verhältnis und das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegen klar unter dem langjährigen Durchschnitt. Auch hat die Gewinnrendite japanischer Aktien einen massiven Vorsprung gegenüber der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen, was eine wichtige Stütze für den japanischen Aktienmarkt ist. Japanische Aktien waren aber nicht immer so gefragt. Sie sind heuer zwar deutlich gestiegen, haben aber erst vor kurzem wieder das Niveau von 1990 erreicht, also erst jetzt ihre zwischenzeitlichen Verluste aufgeholt.

Auch wir im Asset Management sind in den letzten Jahren optimistischer geworden und haben den japanischen Aktienmarkt in Form eines ETFs in unsere Allokation wieder aufgenommen – währungsgesichert. Seitdem ist der Kurs des ETFs deutlich gestiegen. Der Yen hat in der gleichen Zeit aber spürbar abgewertet, so dass die Performance in lokaler Währung deutlich geringer ausgefallen ist. Rückblickend war die Währungsabsicherung also die richtige Entscheidung.

Dass japanische Aktien auch weiter (deutlich) steigen, ist längst nicht sicher. Denn sollte der Yen aufwerten, weil zum Beispiel die Zinskurvenkontrolle weiter gelockert oder sogar ganz beendet wird, bläst den exportorientierten japanischen Unternehmen viel Wind ins Gesicht. Wir beobachten daher die zukünftige Entwicklung in Japan genau und werden bei Bedarf handeln.

Auf den Punkt gebracht

Der Markt hat zuletzt intensiver darauf spekuliert, dass die BoJ ihre Geldpolitik normalisiert. Allerdings gehen viele Marktteilnehmer:innen davon aus, dass dies nicht kurzfristig geschieht. Aus deren Sicht könnte es bis ins nächste Jahr andauern, bis sich die BoJ bewegt. Darin dürfte sich widerspiegeln, dass der Spielraum, die Geldpolitik nachhaltig zu straffen, eingeschränkt ist. Nichtsdestotrotz wächst der Druck auf die japanische Notenbank, ihre expansive Geldpolitik zu beenden. Eine restriktivere Geldpolitik würde wohl den Yen aufwerten lassen und könnte die Aktienmarktrally merklich bremsen.

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Marketingmitteilung
Stand 23.09.2023
 

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