Die zuletzt veröffentlichten Zahlen der Europäischen Zentralbank zeigen die Veränderung der Nettobestände in deutschen, französischen und niederländischen Anleihen. Diese haben sich in der letzten Periode um 18,9 Mrd. Euro durch Fälligkeiten aus dem Pandemieprogramm reduziert. Ein Großteil der Mittel, rund 17,3 Mrd. Euro, sind davon in italienische, spanische, portugiesische und griechische Anleihen geflossen.

Die Notenbank signalisierte, auch in Zukunft fällige Tilgungen „flexibel“ zu investieren, wenn die Marktvolatilität eine Übertragung der Geldpolitik gefährdet. Damit haben wir ein gutes Bild davon, wie die EZB agieren wird, wenn es in den Peripheriestaaten zu Anstiegen der Kreditaufschläge kommt.

Der Beigeschmack einer undurchsichtigen Staatsfinanzierung bleibt, die Fiskalunion rückt immer näher. Es lohnt ein Blick auf die verschiedenen Hilfsmaßnahmen, welche die Europäische Zentralbank seit der Finanzkrise 2007 aufgelegt hat, um die aktuellen Entwicklungen einzuordnen.

Im Zuge der Finanzkrise und den Verwerfungen an den Immobilienmärkten war der europäische Pfandbriefmarkt stärker unter Druck geraten. Im Juli 2009 startete die Notenbank ein erstes Kaufprogramm (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) zum Erwerb von Pfandbriefen, um den Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken, es endete im Juni 2010. Ein zweites Kaufprogramm (CBPP2) wurde zwischen November 2011 und Oktober 2012 auf Grund der Staatsschuldenkrise durchgeführt. Im Oktober 2014 startete die EZB ein drittes Kaufprogramm (CBPP3), welches bis August 2016 durchgeführt wurde. Alle gekauften Pfandbriefe sollen bis zur Fälligkeit gehalten werden. 

Im Mai 2010 begann die EZB, im Zuge des Securities Markets Programme (SMP), mit dem Kauf von Staatsanleihen am Sekundärmarkt. Mit dem Abschluss des ersten Staatsanleihen-Kaufprogramms (SMP) und einer erneuten Eskalation der Eurokrise führte die EZB im September 2012 eine Maßnahme namens Outright Monetary Transactions (OMT) ein. Dies ermöglicht einzelnen Staaten, Anleihenkäufe über den Sekundärmarkt durchführen zu lassen. Dieses Programm wurde bisher von keinem Staat in Anspruch genommen. Es liegt der Schluss nahe, dass die harten Vorgaben der EZB der Grund dafür sind.

Es folgten weitere Kaufprogramme, bei welchen Pfandbriefe, Asset Backed Securities und Unternehmensanleihen erworben wurden. Die Maßnahmen gipfelten vorerst 2015 mit groß angelegten Käufen europäischer Staatsanleihen - dem Public Sector Purchase Programme (PSPP).

Im März 2020 begann die EZB auf Grund der Covid-19-Pandemie mit dem Kauf von Anleihen öffentlicher und privater Schuldner von bis zu 750 Mrd. EUR. Das Volumen wurde im Dezember 2020 auf 1.850 Mrd. EUR erhöht. Mit Jahresende 2021 hielt die EZB über 3 Billionen EUR an Staatsanleihen. Um den Weg für mögliche Zinserhöhungen zu ebnen, gab im März 2022 die nunmehrige EZB Präsidentin Christine Lagarde bekannt, die Anleihenkäufe zunächst zu reduzieren und im 3. Quartal 2022 auslaufen zu lassen. 

Nach dieser Ankündigung stiegen die Kreditaufschläge der Peripherieländer – vor allem Italiens – zu deutschen Bundesanleihen um bis zu 300 Basispunkte an. Diese Entwicklung veranlasste die EZB in einer Notfallsitzung zu betonen, dass man seitens der Notenbank eine Fragmentierung des Marktes nicht zulassen wird. Im Juli 2022 wurde von der EZB beschlossen, ein neues Kriseninstrument TPI (Transmission Protection Instrument) zu schaffen, welches unbegrenzt Anleihekäufe einzelner Länder ermöglichen soll. Es ist zu befürchten, dass dieses Programm die Anreize einer soliden Haushaltspolitik untergräbt und hat für kritische Beobachter den Beigeschmack der verbotenen Staatsfinanzierung. 

Die Voraussetzungen für Anleihenkäufe lassen sich kurz zusammenfassen: Ein Land muss den Willen zu einer soliden Finanzpolitik erkennen lassen. Das Problem dabei ist, dass die EZB entscheidet, ob diese Bedingung erfüllt ist. Somit beurteilen Bürokraten die Maßnahmen gewählter Regierungen. Die EZB wird somit (noch) politischer. Einige Ökonomen halten dies für problematisch. Unterstützungskäufe sollten – wie beim OMT – an harte Vorgaben gebunden sein und hochverschuldete Staaten zu Reformen zwingen. 
 

Auf den Punkt gebracht

Es bleibt die Erkenntnis, dass die EZB weiterhin einer der größten Einflussfaktoren an den Finanzmärkten bleiben wird. Zusammen mit den anderen großen westlichen Notenbanken US-FED, Bank of England sowie der Bank of Japan wurde die EZB zunehmend vom Marktbeobachter zum Marktteilnehmer. Somit hat die weitere Notenbankpolitik maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklungen in allen Segmenten der Kapitalmärkte: Währungen, Anleihen, Aktien und Rohstoffe. Die Gefahr von Fehlallokationen, Verzerrungen und der weiteren Entkoppelung der Kapitalmärkte von fundamentalen Rahmenbedingungen bleibt hoch. Da politische Zyklen kürzer verlaufen als Konjunkturelle, ist mit anhaltend hoher Volatilität im Zuge der Notenbankentscheidungen an den Märkten zu rechnen.

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Marketingmitteilung
Stand 16.08.2022
 

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