Nach mehreren Anläufen hat der Silberpreis Anfang Juni die charttechnisch wichtige Marke von 35 US-Dollar pro Feinunze überwunden. Sollte er sich über dieser halten, wäre aus technischer Sicht der Weg für einen weiteren, deutlichen Anstieg frei. Im Vergleich zu Gold hat Silber Aufholpotenzial bzw. ist günstig und auch die Fundamentaldaten sprechen für einen höheren Preis. Denn das Angebot kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten.

Silber – der „kleine Bruder“ von Gold

Silber, lateinisch „argentum“, gehört zu den Edelmetallen. Es ist hellgrau, weich, gut verformbar und hat die höchste bekannte Wärme- sowie elektrische Leitfähigkeit aller Metalle. Zudem reflektiert es das Licht besser als jedes andere Metall. Silber kommt in der Erdkruste meist in Form von Körnern und seltener von Klumpen (Nuggets) vor. Es ist 20-mal häufiger als Gold, aber deutlich seltener als zum Beispiel Kupfer.

Die wichtigsten Silbervorkommen befinden sich auf dem amerikanischen Kontinent (Nord-, Mittel- und Südamerika). Die weltweit bekannten, abbaubaren Silberreserven wurden von der wissenschaftlichen Behörde USGS 2024 auf 640.000 Tonnen geschätzt. Im letzten Jahr wurden gemäß Daten des Silver Institute rund 25.500 Tonnen Silber in den Minen abgebaut. Das heißt, die derzeit bekannten Reserven würden für 25 Jahre reichen. Der mit Abstand größte Silberminenproduzent ist Mexiko. Circa zwei Drittel des Silbers wird nicht in reinen Silberminen, sondern als Nebenprodukt in Gold-, Blei- und Zink- sowie Kupferminen gefördert. Nachdem das Silber in den Minen abgebaut wurde, wird es in chemischen Prozessen weiterverarbeitet und schließlich mittels Elektrolyse gereinigt. Das Endprodukt ist reines Silber mit einem Feingehalt von mindestens 99,9 %. Wie bei den anderen Edelmetallen spielt auch bei Silber Recycling eine große Rolle. Im vergangenen Jahr hat Recycling rund 18 % des gesamten Silberangebots (Minenproduktion + Recycling) ausgemacht.

Wie Gold ist Silber ein Edelmetall. Während bei Gold die Schmuck- und Investmentnachfrage dominiert, wird Silber allerdings mehrheitlich in der Industrie verwendet (siehe unten). Daher bezeichnet man Silber auch als industrielles Edelmetall. Dennoch werden Gold und Silber oftmals in einem Atemzug genannt und gerne miteinander verglichen. Auf den ersten Blick erscheint Silber günstiger als Gold: Am 13. Juni kostete eine Feinunze Silber 36,30 US-Dollar, eine Feinunze Gold hingegen rund 3.430 US-Dollar. Mit dem gleichen Betrag kann man augenscheinlich also eine größere Menge Silber kaufen als Gold. Silber scheint daher erschwinglicher als Gold, was ihm auch die Bezeichnung „Gold des kleinen Mannes“ eingebracht hat. In US-Dollar bewertet ist der Silbermarkt wesentlich kleiner als der Goldmarkt. Multipliziert man die Angebotsmenge mit dem durchschnittlichen Preis, ergibt sich für Silber für letztes Jahr ein theoretischer Marktwert von 28,7 Milliarden US-Dollar. Das Goldangebot hatte dagegen einen Wert von über 382 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Der weltweite Aktienmarkt hat ein Volumen von rund 115 Billionen US-Dollar, am globalen Anleihemarkt sind es ungefähr 142 Billionen US-Dollar. Wegen seiner mehrheitlich industriellen Verwendung ist Silber, anders als Gold, kein „sicherer Hafen“ und auch nur mit Abstrichen ein Schutz gegen Inflation. Denn die Silbernachfrage ist stark vom Konjunkturzyklus abhängig, wodurch der Silberpreis normalerweise stärker schwankt als der Goldpreis.

Silber ist vielfältig einsetzbar

Silber wird von Menschen schon seit dem 5. Jahrtausend vor Christus verarbeitet. Die Anwendungsbereiche haben sich über die Jahrtausende kontinuierlich verändert. Blickt man auf die Gegenwart, zeigen Daten des Silver Institute, dass im vergangenen Jahr über 58 % der Silbernachfrage auf die Industrie entfielen. Die industrielle Silbernachfrage hat im letzten Jahr ein Rekordhoch erreicht. Innerhalb des Industriesektors dominieren wiederum elektrische und elektronische Anwendungen, da Silber äußerst leitfähig ist. So ist Silber zum Beispiel ein wichtiger Bestandteil der Energiewende, da es in Solarpaneelen eingesetzt wird. Auch die Automobilindustrie ist ein großer Abnehmer von Silber, wozu unter anderem die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte und der dazu benötigte Ausbau der Infrastruktur beiträgt. In Smartphones findet man ebenfalls Silber. Darüber hinaus wird Silber in zahlreichen weiteren Industriebereichen verwendet. Beispielhaft sind Medizinprodukte wie Wundauflagen, Pflaster oder Cremes, die aufgrund der antibakteriellen Wirkung mit Silber beschichtet sind. Heute kaum noch von Bedeutung für die Silbernachfrage ist die Fotografie, die früher große Mengen Silber verschlungen hat.

Eine weitere Nachfragekomponente von Silber sind Silberwaren wie zum Beispiel Besteck, Tabletts oder Kerzenhalter. Die Nachfrage aus diesem Bereich zeigt sich im Zeitablauf relativ stabil, liegt jedoch auf einem niedrigen Niveau mit einem Anteil von unter 5 %.

Wesentlich bedeutender ist dagegen die Schmucknachfrage, die im letzten Jahr rund 18 % der gesamten Silbernachfrage ausmachte. Die Schmucknachfrage schwankt stark mit dem Silberpreis: Ist der Preis niedrig, ist die Nachfrage hoch – und umgekehrt. Die Käufer:innen von Silberschmuck sind also preissensitiv. Auch die wirtschaftliche Entwicklung in den Nachfrageländern spielt eine Rolle: Ein stotternder Konjunkturmotor und steigende Lebenshaltungskosten machen Schmuck weniger erschwinglich. Silber hat zudem in diesem Bereich mit Gold starke Konkurrenz. Nach wie vor wird bei Schmuck häufiger zu Gold als zu Silber gegriffen.

Eine wichtige Nachfragekomponente, die auch großen Einfluss auf den Silberpreis hat, ist die Investmentnachfrage. Dazu zählen die Nachfrage nach Münzen und Barren sowie ETCs, sofern letztere physisch mit Silber hinterlegt sind. Die Investmentnachfrage war letztes Jahr fast genauso groß wie die Schmucknachfrage. Auch sie schwankt stark mit dem Preis.

Globaler Silbermarkt seit Jahren unterversorgt

Führt man das Angebot und die Nachfrage zusammen, wird deutlich, dass der globale Silbermarkt seit Jahren unterversorgt ist. Das heißt, das Angebot kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten. Seit dem Jahr 2021 weist der Markt jedes Jahr Angebotsdefizite auf, die auch auf die Investmentnachfrage zurückzuführen sind. Die Defizite waren zudem beträchtlich und summieren sich in den letzten vier Jahren auf über 21.000 Tonnen, was zehn Monaten der jährlichen Minenproduktion entspricht. Dies hat zu einem Abbau der Lagerbestände geführt. Auch in diesem Jahr soll laut Schätzungen von Metals Focus, einem auf die Analyse von Edelmetallen spezialisierten Research-Unternehmen, das Angebot hinter der Nachfrage zurückbleiben. Dies deutet auf einen weiter angespannten Silbermarkt hin. Unvorhergesehene Produktionsausfälle, ausgelöst zum Beispiel durch Streiks in den Minen, die es vor allem in Südamerika häufiger gibt, können daher nur schwer aufgefangen werden.

Die Silbernachfrage übersteigt seit einigen Jahren das Silberangebot (in Tonnen; 2025 erwartet) — Quelle: Metals Focus, Silver Institute; Stand 16. April 2025

(Börsen-)Handel

Wie Gold wird auch Silber an verschiedenen Orten gehandelt. Der wichtigste außerbörsliche Handelsplatz ist der London Bullion Market. Dort wird seit 1897 der Weltmarktpreis für Silber festgestellt. An der Börse, zum Beispiel in New York oder Tokyo, unterscheidet man zwischen dem Kassa-Markt und dem Termin-Markt. Am Kassa-Markt werden Preise für die sofortige physische Lieferung gehandelt, am Terminmarkt Preise für Lieferungen in der Zukunft. Am Termin-Markt werden Futures und Forwards sowie Optionen gehandelt. Dieses Segment nutzen vor allem professionelle Marktteilnehmer:innen wie Edelmetallhändler:innen, Hedgefonds oder Silberproduzenten und -verarbeiter. Die beiden letztgenannten sichern sich mit Termin-Kontrakten für gewöhnlich Preise ab, um mehr Planungssicherheit für ihre Unternehmen zu gewinnen. Für Privatanleger:innen sind neben dem Kauf von Münzen und Barren ETCs eine einfache Möglichkeit, an Preisveränderungen von Silber zu partizipieren.

Der Silberpreis wird vorwiegend in US-Dollar notiert. Er wird in Feinunze angegeben, wobei eine Feinunze gerundet 31,1 Gramm entspricht.

Silberpreis vor Höhenflug?

Börsengehandelte Silberpreise sind seit Anfang der 1950er-Jahre verfügbar. Im Januar 1980 wurde mit 49,45 US-Dollar ein Rekordstand erreicht – ausgelöst durch die Brüder Hunt, die in den Jahren zuvor beträchtliche Mengen Silber kauften, um den Markt zu beherrschen. Diese Spekulation gilt bis heute als größte in der Geschichte des Silbermarktes, denn die Blase platzte anschließend und der Preis fiel in sich zusammen. Es dauerte über 31 Jahre, genauer gesagt bis April 2011, bis ein neues Rekordhoch von 49,80 US-Dollar erreicht wurde. Aber auch dieses hielt nicht lange. Nachdem der Silberpreis mehrere Jahre lang teilweise deutlich unter 20 US-Dollar lag, überschritt er im Jahr 2020 diese Marke wieder und bewegte sich in den darauffolgenden Jahren in einer neuen Handelsspanne zwischen 20 und 30 US-Dollar. Anfang Juni dieses Jahres stieg der Preis erstmals seit knapp dreizehn Jahren wieder über 35 US-Dollar, was aus charttechnischer Sicht eine schwer zu überwindende Hürde darstellte. Sollte sich der jüngste Anstieg als nachhaltig erweisen, gehen einige Marktbeobachter:innen davon aus, dass der Silberpreis Anlauf auf sein Allzeithoch nimmt – und sogar darüber hinaus weiter steigen könnte.

Aus fundamentaler Sicht hätte der Silberpreis aufgrund der aktuellen Angebotsknappheit durchaus weiteres Aufwärtspotenzial. Auch im Vergleich zu Gold hat Silber Nachholbedarf. Das sogenannte Gold/Silber-Verhältnis zeigt, dass Silber im Vergleich zu Gold deutlich unterbewertet ist. Dieses gibt an, wie viele Feinunzen Silber man für eine Feinunze Gold bekommt. In den letzten Monaten lag das Gold/Silber-Verhältnis zeitweise bei einem historisch hohen Wert von 100, da sich Silber längst nicht so gut wie Gold entwickelt hat. Denn Silber ist kein „sicherer Hafen“ und wurde von Konjunktursorgen sowie dem globalen Handelskonflikt belastet. Zudem kaufen die Zentralbanken zur Diversifizierung ihrer Währungsreserven Gold und nicht Silber, was an der geringen Größe des Silbermarktes liegt. Mittlerweile ist das Gold/Silber-Verhältnis zwar wieder auf rund 94 zurückgekommen, der Durchschnitt seit dem Jahr 2000 liegt aber nur bei gut 68. Das heißt, Silber ist im Vergleich zu Gold immer noch günstig. Damit das Gold/Silber-Verhältnis wieder dem langjährigen Durchschnitt entspricht, müsste Silber bei aktuellen Goldpreisen auf 50 US-Dollar steigen – oder umgekehrt Gold auf 2.490 US-Dollar fallen.

Silber ist gegenüber Gold deutlich unterbewertet — Quelle: FactSet; Stand 13. Juni 2025

Fazit

Als „kleiner Bruder“ von Gold fristet Silber oft ein Schattendasein – nicht zuletzt, weil es in den vergangenen Jahren deutlich hinter der Preisentwicklung von Gold zurückgeblieben ist. Nachdem der Silberpreis vor kurzem einen charttechnisch wichtigen Widerstand überwunden hat, könnte er nun wieder mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die angespannte Angebotslage spricht für weiter steigende Preise, zumal Silber im Verhältnis zu Gold nach wie vor unterbewertet ist. Allerdings ist Silber stark konjunkturabhängig, und der Preis unterliegt mitunter erheblichen Schwankungen. Zudem ist der Silbermarkt relativ klein, sodass es schnell zu Preisverwerfungen kommen kann, wenn größere Geldmengen in den Markt hinein- oder aus ihm herausfließen.

Wichtige Hinweise

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Marketingmitteilung
Stand 16.06.2025

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