EZB hält sich alle Optionen für eine flexible Geldpolitik offen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in ihrer jüngsten Notenbanksitzung bekräftigt, die Geldpolitik ab dem dritten Quartal 2022 zu normalisieren. Der Einlagezins liegt auf seinem bisherigen Niveau von minus 0,5 % und die Leitzinsen bei 0 % (Grafik 1). Die weitere Entwicklung der Konjunktur und die jeweils aktuelle Datenlage werden von der EZB als Barometer für weitere Entscheidungen herangezogen. Es wird vor allem davon abhängen, ob es zu einem Energieembargo gegen Russland und somit zu einer Rezession durch eine Energiekrise kommt. So ist trotz hoher Inflation die zögerliche Haltung der EZB zu erklären. Man möchte eine Zinserhöhung in einer wirtschaftlichen Abschwächung möglichst vermeiden.

Grafik 1: EZB-Leitzins und 3-M-EURIBOR — Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: European Money Markets Institute, Eurostat, European Central Bank und Factset, Stand: 18.04.2022

Die EZB plant weiterhin ein Ende der Nettoanleihekäufe für das dritte Quartal. Höhere Leitzinsen sind derzeit erst nach dem Ende der Anleihekäufe geplant und dies auch in Abhängigkeit der Datenlage. Der europäischen Notenbank ist jedoch bewusst, dass die Kerninflation mit 3 % mittlerweile deutlich über der 2 %-Marke liegt (Grafik2). Dies bestärkt sie, die Anleihekäufe auch wirklich zu beenden. Die hohe Inflation spricht eigentlich für eine schnelle Straffung der Geldpolitik. Dies könnte allerdings die durch den Ukrainekrieg ohnehin belastete Wirtschaft weiter schwächen, was eher für eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik sprechen würde. 

Grafik 2: Inflation Eurozone — Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: European Money Markets Institute, Eurostat, European Central Bank und Factset, Stand: 18.04.2022

Einige Ökonomen warnen bereits vor einer Stagflation, also einer Kombination aus hoher Inflation und wirtschaftlicher Stagnation. Sollte es zu keiner Energiekrise und einer Rezession kommen, sind Zinserhöhungen im dritten und vierten Quartal 2022 sowie im ersten Quartal 2023 möglich. Über diesen Zeitpunkt hinaus könnte es zu einer Zinspause kommen, da eine sichtbare Konjunkturverlangsamung und eine geringere Inflation den Zinsanhebungsdruck abschwächen. 

Das Abwarten der EZB ist erklärbar, jedoch auch riskant, denn die Inflation kann trotz einer schwachen Konjunktur weiter steigen, wenn die Geldpolitik zu expansiv ist. Mit Blick auf die gestiegene Unsicherheit in Europa durch den Angriff Russlands auf die Ukraine hält sich die EZB alle Optionen für eine flexible Geldpolitik offen.

US-Notenbank beschleunigt die nächsten Zinsschritte

In den USA verschärft der Ukraine-Krieg vor allem das Inflationsproblem. Es ist dadurch ein noch entschlosseneres Vorgehen der US-Notenbank zu erwarten und davon auszugehen, dass die Leitzinsen nach dem ersten Schritt im März bis Jahresende um weitere 200 Basispunkte erhöht werden. Im ersten Halbjahr 2023 könnten weitere 100 Basispunkte an Zinsschritten hinzukommen. Mit 3,5 % läge der Leitzins dann über den Schätzungen der Fed für das neutrale Niveau. Das dürfte das Wachstum mittelfristig belasten, jedoch nimmt die Notenbank diesen Umstand in Kauf. Daten zeigen, dass die Konjunktur in voller Fahrt ist und eine Abkühlung benötigt. 

So befindet sich der US-Arbeitsmarkt in einem spürbaren Aufschwung. Im letzten halben Jahr entstanden im Durchschnitt 600.000 neue Stellen. Damit nimmt die Beschäftigung deutlich stärker zu als vor der Pandemie. Beispielsweise wurden 2019 im Monatsdurchschnitt nur 164.000 neue Jobs geschaffen. In den letzten Monaten erhöhte sich auch das Arbeitsangebot, da mit dem Rückgang der Covid-Infektionen etliche Amerikaner an den Arbeitsmarkt zurückkehrten. Dennoch sank die Arbeitslosenquote im März auf 3,6 % (Grafik3). Diese ist somit nur noch geringfügig höher als im Februar 2020 (3,5 %). Auch weiter gefasste Indikatoren der Unterbeschäftigung haben den Pandemie-Schock praktisch vollständig überwunden. In einem engen Arbeitsmarkt können die Arbeitnehmer kräftige Lohnzuschläge erzielen. Der durchschnittliche Stundenlohn liegt derzeit knapp 6 % höher als im Vorjahr. Vor der Pandemie lagen die jährlichen Zuwächse bei etwa 3 %.

Grafik 3: Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosenquote USA — Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: U.S. Department of Labor, Federal Reserve Bank und Factset, Stand: 18.04.2022

Die Notenbank hat somit genügend Argumente für ein Fortführen einer restriktiven Politik. Die Fed hat in ihrer März-Sitzung erwartungsgemäß eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte beschlossen (Grafik 4). Für die nächste Sitzung im Mai ist ein großer Zinsschritt von 50 Basispunkten sehr wahrscheinlich. Die Fed dürfte außerdem bereits in dieser Sitzung den Beginn der Bilanznormalisierung beschließen, indem die Mittel aus fälligen Anleihen nicht mehr reinvestiert werden. Der Abbau des Anleiheportfolios dürfte somit deutlich rascher vor sich gehen als in der Vergangenheit.

Grafik 4: US-Inflation und Fed Leitzinssatz — Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: U.S. Department of Labor, Federal Reserve Bank und Factset, Stand: 18.04.2022

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