EZB weiter auf expansivem Pfad

Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen zweimal hintereinander um 75 Basispunkte erhöht hat, hat sie das Tempo auf ihrer Sitzung Mitte Dezember gedrosselt und die Zinsen um weitere 50 Basispunkte angehoben. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt damit aktuell bei 2,5 % (Grafik 1), der Einlagesatz bei 2,0 %. Die EZB hat zugleich betont, dass mit weiteren Zinsanhebungen zu rechnen ist. Zwar ist der sog. neutrale Zins, das heißt das Zinsniveau, bei dem die Notenbank die Wirtschaft weder bremst noch anschiebt und den die Währungshüter bei etwa 2 % ansetzen, mittlerweile erreicht. Die nach wie vor hohe und hartnäckige Inflation macht aber weitere Zinsanstiege notwendig. Der Markt erwartet von der EZB derzeit weitere Zinserhöhungen um 125 bis 150 Basispunkte. Auf zwei Zinsschritte von jeweils 50 Basispunkten bei den Ratssitzungen Anfang Februar und Mitte März, dürften noch ein oder zwei „kleine“ Schritte von 25 Basispunkten folgen. Die EZB dürfte erst dann den Zinserhöhungsprozess aussetzen, wenn die von vielen erwartete Rezession im Euroraum in den Daten zum Bruttoinlandsprodukt sichtbar wird. Die bisherigen Zinserhöhungen der EZB spiegeln sich auch in den Euribor-Sätzen wider: Der 3-Monats-Euribor ist mittlerweile auf 2,25 % gestiegen und dürfte einhergehend mit den erwarteten weiteren Zinserhöhungen weiter steigen. Durch die höheren Zinsen werden auf der einen Seite Spareinlagen attraktiver. Auf der anderen Seite werden dadurch aber Kredite noch teurer.

Leitzinsentwicklung Fed und EZB - Grafik 1 — Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: EZB, US-Fed und Factset; Stand: 12.01.2023

Dass die EZB die Zinsen zunächst wohl weiter anheben wird, ist der anhaltend hohen Inflation geschuldet. Die Inflationsrate im Euroraum ist zwar vorläufigen Angaben zufolge im Dezember auf 9,2 % gefallen und dürfte damit ihren Hochpunkt hinter sich gelassen haben (Grafik 2). Der Rückgang ist aber nur auf die zuletzt niedrigeren Energiepreise, insbesondere Öl und Gas, sowie auf Sonderfaktoren zurückzuführen. Der unterliegende Preisauftrieb hat dagegen bislang nicht nachgelassen: Die sog. Kernrate, die die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt, ist im Dezember sogar auf 5,2 % gestiegen. Die Kernrate dürfte auch so schnell nicht nachgeben. Denn viele Unternehmen haben ihre höheren Produktionskosten noch nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben. Laut der letzten ifo-Umfrage von Ende November wollen zwar weniger Unternehmen als zuvor, aber immer noch viele, ihre Preise erhöhen. Zugleich hat sich auch der Lohnauftrieb verstärkt, wie an den jüngsten Tarifabschlüssen ersichtlich ist. Die EZB selbst rechnet nicht damit, dass die Inflation in den nächsten drei Jahren auf ihr Ziel von 2 % zurückkommt.

Durch die Zinserhöhungen der EZB besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft abgewürgt wird. Verschiedene Konjunkturindikatoren deuten auf eine Abschwächung im Euroraum hin: Die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor liegen schon seit einigen Monaten nicht mehr im Expansionsbereich. Das Verbrauchervertrauen hat sich zwar etwas aufgehellt, ist aber immer noch niedrig. Und die Konsumenten halten sich mit Käufen zurück, wie an den schwachen Einzelhandelsumsätzen erkennbar ist. Unter den Marktteilnehmern besteht allerdings große Uneinigkeit, wie stark eine mögliche Rezession ausfallen könnte. Zuletzt sind die Stimmen lauter geworden, denen zufolge eine Rezession in diesem Jahr doch vermieden werden kann.

Die Renditeabstände („Spreads“) der Staatsanleihen der Euro-Länder haben sich zuletzt verringert, was von der EZB mit Erleichterung aufgenommen worden sein dürfte. Um eine erneute Fragmentierung im Euroraum aufgrund der schnellen Zinserhöhungen zu verhindern, dürfte die EZB im Bedarfsfall gegensteuern, zum Beispiel mittels des „Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP)“, genauer gesagt mit flexiblen Reinvestitionen der fälligen Tilgungsbeträge.

Ende der Fed-Zinserhöhungen in Sicht

Die US-Notenbank Fed hat die Leitzinsen im letzten Jahr in mehreren Schritten um insgesamt 425 Basispunkte angehoben. Sie hat damit die Zinsen so schnell und so stark erhöht wie selten zuvor. Die Leitzinsen liegen nun in einer Spanne von 4,25 % bis 4,50 % (Grafik 1). Grund für die Zinsanhebungen ist die auch in den USA hohe Inflation. Die Teuerungsrate ist lange Zeit stärker gestiegen als erwartet. Die Inflation lag im Dezember mit 6,5 % zwar merklich unter ihrem Hochpunkt, was vor allen Dingen auf den deutlichen Rückgang der Benzinpreise zurückzuführen ist (Grafik 2). Die sog. Kernrate, in der die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt werden, ist bislang aber nur leicht auf 5,7 % gefallen. Auch wenn sich bei weiteren Posten im Warenkorb des Verbraucherpreisindex wie zum Beispiel den Mieten eine Entspannung abzeichnet, dürfte die Inflation noch geraume Zeit über dem Ziel der Fed von 2 % bleiben.

Inflationsentwicklung USA und Europa - Grafik 2 — Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: Eurostat, US Department of Labor und Factset; Stand: 12.01.2023

Daher wird die Fed laut Aussagen ihres Vorsitzenden Jerome Powell und anderer FOMC-Mitglieder die Zinsen in diesem Jahr weiter erhöhen – wenn auch langsamer. Sie hat mehrfach ihre Bereitschaft betont, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Gemäß den jüngsten Projektionen gehen die FOMC-Mitglieder im laufenden Jahr von weiter mehr oder weniger stark steigenden Zinsen aus. Kein Mitglied erwartet in den nächsten zwölf Monaten eine Zinssenkung. Dies sieht der Markt anders: Den Daten zufolge, die die Erwartungen der Marktteilnehmer ausdrücken, ist der Zinsscheitel in den USA schon bald erreicht. Demnach gibt es noch zwei Zinserhöhungen à 25 Basispunkte. Für das vierte Quartal geht der Markt sogar von einer Zinssenkung aus, da sich die Wirtschaft bis dahin sichtbar abgeschwächt hat. Eine solche Diskrepanz zwischen den Fed-Aussagen und den Markterwartungen an die Fed hat es in der Vergangenheit selten gegeben.

Da die Bekämpfung der Inflation Priorität hat, nimmt die Fed bewusst eine Wirtschaftsabschwächung bzw. -rezession in Kauf. Die vollen Auswirkungen der bereits erfolgten Zinsschritte werden sich erst nach und nach in der Realwirtschaft zeigen. Die Fed wartet auf überzeugende Belege, dass die Inflation zurückgeht, bevor sie mit den Zinserhöhungen aufhört. Dabei schaut sie insbesondere auf den Arbeitsmarkt, der bis zuletzt sehr robust war. Im Dezember wurden weiter viele neue Stellen geschaffen und die Arbeitslosenquote liegt mit 3,5 % auf dem niedrigsten Stand seit über 50 Jahren. Zugleich gab es überraschend viele offene Stellen. Immerhin hat der Lohndruck etwas nachgelassen. Für die Fed dürfte dies zu wenig sein, um schon in Kürze den Zinserhöhungszyklus zu beenden. Die stark inverse Zinsstrukturkurve, die in der Vergangenheit oftmals ein Signal für eine Rezession in den USA war, hat die Fed bisher nicht davon abgehalten, von ihrem eingeschlagenen Pfad abzuweichen.

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