EZB versucht Zinssenkungserwartungen zu dämpfen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit der letzten Erhöhung im September ihren Zinserhöhungszyklus beendet. Seitdem liegt der Hauptrefinanzierungssatz bei 4,5 % und der Einlagesatz bei 4,0 %. Die EZB hatte innerhalb von 14 Monaten die Zinsen um 450 Basispunkte auf den höchsten Stand seit August 2001 (Hauptrefinanzierungssatz) bzw. den höchsten Stand überhaupt (Einlagesatz) angehoben. Da EZB-Präsidentin Christine Lagarde seit letztem September mehrfach angedeutet hat, dass die EZB die Zinsen nicht weiter erhöht, die Inflation merklich zurückgekommen ist, und die Wirtschaft in der Eurozone schwächelt, spekulieren die Marktteilnehmer:innen mittlerweile auf Zinssenkungen.

Dabei geht es sowohl um den Umfang als auch den Startzeitpunkt der Zinssenkungen. Für die Marktteilnehmer:innen stellt sich mit anderen Worten nicht die Frage, ob die EZB die Zinsen senkt, sondern wann. Die Erwartungen sind dabei weit herausgelaufen. Die Finanzmärkte haben eine erste Zinssenkung um 25 Basispunkte bereits für die Sitzung im April zum Großteil eingepreist. Insgesamt werden in diesem Jahr Zinssenkungen von 150 Basispunkten erwartet – also sechs Zinsschritte à 25 Basispunkte (Grafik 1). Die Marktteilnehmer:innen stützen ihre Erwartungen zum einen auf die rückläufige Inflation. Die Gesamtinflation in der Eurozone betrug im Dezember noch 2,9 % und lag damit deutlich unter ihrem Hoch von über 10 % im Oktober 2022. Auch die Kernrate, die die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht umfasst, ist merklich auf 3,4 % zurückgekommen. Zum anderen spielt die schwächelnde Wirtschaft in der Eurozone bei den Zinserwartungen eine Rolle. Die Konjunktur dürfte 2024 nur marginal anziehen und es besteht weiterhin die Gefahr, dass die Wirtschaft in der Eurozone sogar in eine Rezession abrutscht.

Erwartungen der Marktteilnehmer:innen zur Zinsentwicklung der EZB (Einlagesatz) — Zu Grafik 1: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: Factset Stand: 16.01.2024

Den Währungshütern gehen die Zinssenkungserwartungen mittlerweile aber zu weit. Schon unmittelbar nach der EZB-Sitzung im Dezember hat Christine Lagarde versucht, die Erwartungen wieder etwas einzufangen – mit mäßigem Erfolg. Ihren Aussagen zufolge hat der EZB-Rat nicht einmal über Zinssenkungen diskutiert. Seitdem versuchen auch weitere EZB-Mitglieder, die Euphorie zu bremsen. Ihnen zufolge sei es zu früh, jetzt schon über Zinssenkungen nachzudenken. Vielmehr sollten dafür weitere Daten abgewartet werden. Vielfach wird dabei auf das starke Wachstum der Löhne verwiesen, das die heimische Inflation anfache und es der EZB schwer macht, die Teuerungsrate auf das gewünschte Niveau von 2 % zu drücken. Denn die Unternehmen dürften die höheren Lohnkosten zumindest teilweise an die Verbraucher:innen weitergeben. Hinzu kommt, dass die Teuerungsrate von Energie ihren Tiefpunkt wohl weitgehend erreicht hat und auch die Teuerungsrate von Nahrungsmitteln nicht mehr stark zurückgehen sollte. Das 2 %-Inflationsziel wird laut den EZB-Expert:innen erst 2025 erreicht.

Der nach wie vor bestehende unterliegende Inflationsdruck begrenzt zwar grundsätzlich den Spielraum für Zinssenkungen. Allerdings dürfte die Konjunktur weiter schwächeln und damit der politische Druck auf die EZB immer größer werden. Zudem haben im EZB-Rat die „Tauben“ die Oberhand, also jene Mitglieder, die für eine lockere Geldpolitik stehen. Daher dürfte die EZB wahrscheinlich nicht umhinkommen, die Zinsen im Laufe des Jahres zu senken. Ob dies aber tatsächlich so schnell und in dem Umfang geschieht, wie es die Marktteilnehmer:innen derzeit erwarten, bleibt fraglich. Entscheidend wird die weitere Inflations- und Konjunkturentwicklung sein.

Die Fed nimmt hingegen Kurs auf Zinssenkungen

Die US-Notenbank Fed hat vor der EZB den Zinserhöhungszyklus begonnen (im März 2022) und ihn auch früher wieder beendet. Die letzte Zinsanhebung fand im Juli 2023 statt. Innerhalb von 16 Monaten hatte die Fed die Zinsen um 525 Basispunkte auf 5,5 % erhöht. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell und die anderen Fed-Mitglieder halten weitere Zinserhöhungen nicht mehr für sehr wahrscheinlich. Vielmehr gehen sie in ihren aktuellen Projektionen, den sogenannten Dot Plots, in diesem Jahr von Zinssenkungen von 75 Basispunkten aus. Hintergrund hierfür ist, dass der Inflationsdruck schneller nachgelassen hat als erwartet. Für dieses Jahr erwartet die Fed im vierten Quartal eine Kerninflationsrate von 2,4 %, was nahe ihrem Ziel von 2 % ist. Vergangenen Dezember lag die Kerninflation allerdings noch bei 3,9 %. In Bezug auf die US-Konjunktur zeigt sich die Fed zuversichtlich: Die Arbeitslosenquote dürfte nur leicht steigen und die Wirtschaft mit verringertem Tempo weiterwachsen. Die Fed geht also von einer weichen Landung der Wirtschaft aus.

Die erwartete niedrigere Inflationsrate und die robuste Wirtschaft geben der Fed Spielraum, die Zinsen zu senken. Daher überrascht es nicht, dass die Fed laut Aussagen von Jerome Powell begonnen hat, über kommende Zinssenkungen zu diskutieren – im Gegensatz zur EZB. Die Marktteilnehmer:innen stellen sich daher die Frage, wann die US-Notenbank mit Zinssenkungen beginnt. Seit dem Ende der 1980er-Jahre lagen zwischen der letzten Zinserhöhung und der ersten darauffolgenden Zinssenkung im Durchschnitt neun Monate (wobei die Spannbreite groß ist). Daher wäre es nicht verwunderlich, wenn die Fed die Zinsen schon Ende des ersten oder Anfang des zweiten Quartals senken würde. Die Marktteilnehmer:innen haben diesbezüglich ähnlich aggressive Erwartungen wie für die EZB: Sie gehen davon aus, dass eine erste Zinssenkung im März erfolgt. Insgesamt erwarten sie in diesem Jahr Zinssenkungen der Fed von über 150 Basispunkten (Grafik 2). Dies ist doppelt so viel als die Fed-Mitglieder selbst projizieren.

Erwartungen der Marktteilnehmer:innen zur Zinsentwicklung der Fed — Zu Grafik 2: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: Factset Stand: 16.01.2024

Die Fed hat sich in der jüngeren Vergangenheit aktiver gezeigt als die EZB und schneller auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagiert. Dank der robusten Wirtschaft kann sie aktuell aus einer Position der Stärke heraus agieren. Baldige Zinssenkungen würden die von der Fed erwartete weiche Landung der US-Wirtschaft erleichtern. Ob die Fed jedoch tatsächlich den Erwartungen der Marktteilnehmer:innen folgt und die Zinsen früh senkt, bleibt abzuwarten. Mehr noch als bei der EZB werden die zukünftigen Daten für die Fed entscheidend sein.

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Marketingmitteilung
Stand 16.01.2024

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