EZB leitet Zinswende ein

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich wegen des anhaltenden Inflationsschubes im Euroraum von der jahrelangen ultralockeren Geldpolitik verabschiedet. Sie hat die zinspolitische Wende eingeleitet und ihre Leitzinsen erstmals seit Juli 2011 angehoben. Die Zinsen sind im Juli stärker als erwartet um 0,50 Prozentpunkte angehoben worden (Grafik 1). Für die Zinsentscheidung im September wird nun eine nicht mehr so kräftige Anhebung in den Raum gestellt. Auch die jüngste Euroschwäche ist für die EZB ein wichtiges Argument gewesen, um bei der Zinserhöhung stärker vorzugehen. Die im Verlauf des Frühjahrs immer restriktiver werdende Tonlage der EZB zur Bekämpfung der Inflationsgefahren ist auch am Anstieg der Euriborsätze gut ablesbar. So ist der 3-Monats Euribor Mitte Juli kurz vor der EZB-Sitzung erstmals seit April 2015 in den positiven Bereich gewandert (Grafik 1).

EZB-Leitzins und 3-M-EURIBOR — Zu Grafik 1: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: European Money Markets Institute, Eurostat, European Central Bank und Factset, Stand: 27.07.2022

Manche Ökonomen fürchten, dass die Zinserhöhung der EZB zu spät kommt, um die Inflation zu beenden und zu früh kommt, weil sie die drohende Rezession in Europa noch verstärken könnte. Wirtschaftliche Frühindikatoren weisen markante Rückgänge auf und zeigen erste Rezessionssignale. Die konjunkturelle Unsicherheit ist jüngst mit dem Thema Gaskrise zusätzlich stark gestiegen. Sollte der Gas-Lieferstopp tatsächlich akut werden, so dürften für viele Marktteilnehmer die restriktiven EZB-Signale angesichts der dann drohenden schweren Rezession an Bedeutung abnehmen. Ein Teil der wirtschaftlichen Abschwächung ist bereits an der abnehmenden Inflationserwartung abzulesen, während die historische Inflation an den Höchstständen weit über dem EZB-Ziel liegt (Grafik 2).

Inflation Eurozone — Zu Grafik 2: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: European Money Markets Institute, Eurostat, European Central Bank und Factset, Stand: 27.07.2022

Neben Inflation und Wirtschaftsabschwächung müssen sich die Europäischen Währungshüter auch mit der Ausweitung der Renditeabstände der Staatsanleihen der Euro-Länder befassen. Dafür hat die EZB beschlossen, ein neues Kriseninstrument mit der Bezeichnung „Transmission Protection Instrument“ („TPI“) einzusetzen. Dieses Instrument soll gezielte und unbegrenzte Anleihekäufe einzelner Länder ermöglichen. Aufgrund der derzeit unbeständigen politischen Situation in Italien wird der Kapitalmarkt mit Interesse den Umfang und die Bedingungen dieser neuen Fazilität prüfen. Kritiker fürchten, dass es die Anreize für eine solide Haushaltspolitik untergräbt und wieder zu Diskussionen über verbotene Staatsfinanzierung durch die Notenbank führt.

Inflation bringt US-Notenbank weiter unter Druck

In den USA steigt der Druck auf die Notenbank mit dem anhaltenden Inflationsanstieg weiter an. Im Juni ist die Teuerungsrate wieder stärker angestiegen als erwartet und erreichte eine Jahresveränderung von 9,1 % (Grafik 3). Dies ist der höchste Stand seit 1981. In der Monatsveränderung lag die Teuerung bei unerwartet hohen 1,3 %. Wenn man sich die Preisdaten im Detail ansieht, zeigt sich, dass der Preisdruck in der Breite noch weiter zugenommen hat, sowohl bei Dienstleistungen als auch bei Waren. Die erhoffte Beruhigung bei den Preisen, für während der Pandemie besonders nachgefragten Produkten, ist ausgeblieben. Insgesamt hat der Inflationsdruck bis zuletzt sogar zugenommen. Zwar sind die Ölpreise im Juli gefallen, was den nächsten Monatswert drücken könnte, doch bleiben die Risiken weiterhin aufrecht. Dies bedeutet, dass der geldpolitische Handlungsbedarf weiterhin sehr hoch ist.

US-Inflation und Fed Leitzinssatz — Zu Grafik 3: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: U.S. Department of Labor, Federal Reserve Bank und Factset, Stand: 27.07.2022

Der letzte Arbeitsmarktbericht hat einen unerwartet kräftigen Stellenzuwachs gezeigt, somit ist der Job-Boom trotz der wirtschaftlichen Abkühlung nicht vorbei. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war zuletzt bei 244.000. Das Niveau der Hilfsanträge ist seit längerer Zeit niedrig, was auf einen robusten Stellenmarkt hindeutet. Ein fester Arbeitsmarkt kann ein zusätzliches Inflationsrisiko darstellen, falls die Arbeitnehmer einen Lohnausgleich für die Teuerung verlangen. Die Arbeitslosigkeit liegt in den USA mit 3,6 % weiterhin in der Nähe des 50-Jahres-Tiefs (Grafik 4). Damit herrscht in der größten Volkswirtschaft der Welt nahezu Vollbeschäftigung. Für den IWF ist die hohe Inflation ein systemisches Risiko mit negativen Folgen für den Arbeitsmarkt. So geht der IWF für dieses Jahr von einem Anstieg der Arbeitslosenquote von 3,6 % auf 3,7 % aus und erwartet für die nächsten Jahre eine deutlich schlechtere Situation am Arbeitsmarkt.

Die Federal Reserve hat auf ihrer Juni-Sitzung die Leitzinsen bereits so kräftig angehoben wie seit 1994 nicht mehr. Sie beschloss eine Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf die Spanne von 1,50 bis 1,75 Prozent. Aus den Protokollen der jüngsten Notenbanksitzung geht hervor, dass die Fed den eingeschlagenen Weg der Zinserhöhungen konsequent fortsetzen will, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die Zinsen könnten demnach über einen längeren Zeitraum steigen, auch wenn das Risiko besteht, dass die Vereinigten Staaten dadurch in eine Rezession rutschen. Ein weiterer großer Zinsschritt von 75 Basispunkten wurden auf der Sitzung Juli beschlossen.

Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosenquote USA — Zu Grafik 3 und 4: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: U.S. Department of Labor, Federal Reserve Bank und Factset, Stand: 27.07.2022

Wichtige Hinweise

Die hier dargestellten Angaben dienen, trotz sorgfältiger Recherche, ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzen nicht eine, insbesondere nach rechtlichen, steuerlichen und produktspezifischen Gesichtspunkten notwendige, individuelle Beratung für die darin beschriebenen Finanzinstrumente. Die Information stellt weder ein Anbot, noch eine Einladung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar und dient insbesondere nicht als Ersatz für eine umfassende Risikoaufklärung.

Die jeweils gültigen Bedingungen jedes Finanzproduktes und weitere Informationen finden Sie unter www.spaengler.at bzw. beim jeweiligen Produktanbieter. Für Detailauskünfte zu Risiken und Kosten steht Ihnen Ihr persönlicher Berater im Bankhaus Spängler gerne zur Verfügung. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen wurden sorgfältig erarbeitet und beruhen auf Quellen, die als zuverlässig erachtet werden.

Alle Informationen, Meinungen und Einschätzungen in diesem Dokument geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers bzw. der Verfasser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich jederzeit ohne Vorankündigung ändern. Die dargebrachten Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Bankhaus Carl Spängler & Co. Aktiengesellschaft wider. Die Bankhaus Carl Spängler & Co. Aktiengesellschaft ist nicht dazu verpflichtet, dieses Dokument zu aktualisieren, zu ergänzen oder abzuändern, wenn sich ein in diesem Dokument genannter Umstand, eine enthaltene Stellungnahme, Schätzung oder Prognose ändert oder unzutreffend wird. Die Bankhaus Carl Spängler & Co. Aktiengesellschaft übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität oder Genauigkeit der hierin enthaltenen Informationen, Druckfehler sind vorbehalten.

Browser wird nicht unterstützt

Unsere Website kann von Ihrem Browser leider nicht aufgerufen werden, da dieser nicht mehr unterstützt wird.
Aktualisieren Sie bitte Ihren Browser, um die Website anzuzeigen und ein besseres und sicheres Online-Erlebnis zu haben.

Online Banking öffnen

Kontakt

Stammhaus Salzburg
Schwarzstraße 1
5020 Salzburg
+4366286860
bankhaus@spaengler.at