Die EZB ist (fast) fertig

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heuer bislang auf jeder Sitzung die Zinsen gesenkt, also viermal. Seit Beginn des Zinssenkungszyklus im Juni 2024 hat sie die Zinsen achtmal reduziert, insgesamt um 200 Basispunkte. Der Einlagesatz liegt mittlerweile bei 2,00 % und der Hauptrefinanzierungssatz bei 2,15 %. Im Vergleich zur US-Notenbank Fed hat die EZB die Zinsen damit doppelt so stark gesenkt. Die Zinsschere zwischen der Eurozone und den USA ist dadurch deutlich aufgegangen.

Wie viele Zinssenkungen seitens der EZB gibt es noch? Diese Frage hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz im Anschluss an die letzte Ratssitzung zwar nicht direkt beantwortet. Sie hat aber durch falkenhafte Aussagen betont, dass das Ende des Zinssenkungszyklus nahe sei. Laut Lagarde sei die EZB gut aufgestellt, um mit den kommenden Risiken umzugehen. Dabei dürfte sie unter anderem die erratische US-Zollpolitik gemeint haben, deren Auswirkungen noch weitgehend unklar sind. Einige Marktteilnehmer:innen stellen sich mittlerweile die Frage, ob die EZB die Geldpolitik nicht schon zu sehr gelockert hat. Denn der aktuelle Zins liegt schon unter dem sogenannten neutralen Zins. Dieser wird mit 3 % angesetzt – unter der Annahme, dass die Eurozone ein Potenzialwachstum von 1 % aufweist und die Inflation 2 % beträgt. Ein neutraler Zins von 3 % besagt, dass auf diesem Niveau die Wirtschaft weder gebremst noch stimuliert wird. Durch das aktuelle Zinsniveau von rund 2 % wird zwar die Konjunktur angeschoben, aber auch die Inflation. Daher sind weitere Zinssenkungen riskant. Die Marktteilnehmer:innen erwarten von der EZB im aktuellen Zyklus noch eine – und letzte – Zinssenkung, die zum Jahreswechsel erfolgen soll. Je nach Entwicklung der Wirtschaft und der Inflation könnte dieser Schritt aber auch noch ausgepreist werden. Die Zinsen in der Eurozone könnten also einen Boden gefunden haben.

Für ein baldiges Ende der Zinssenkungen spricht die Inflation, die an Dynamik verloren hat. Die Gesamtrate lag im Juni mit 2,0 % auf dem Ziel der EZB, die Kernrate (ohne die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel) bei 2,3 %. Zur vergleichsweise niedrigen Teuerungsrate in der Eurozone haben die geringeren Energiepreise und die langsamer steigenden Tariflöhne beigetragen. Ebenso wirkt sich hier die Euro-Aufwertung aus, da durch den starken Euro Importe günstiger werden. Die EZB selbst hat auf ihrer letzten Sitzung im Juni die eigenen Inflationsprognosen nach unten angepasst: Für heuer erwartet sie nun noch eine durchschnittliche Inflation von 2,0 % und für nächstes Jahr von nur 1,6 %. Dabei unterstellt die EZB offenbar, dass im Zuge des Handelskonflikts viele Waren in die EU umgeleitet werden, die dann hier die Preise drücken. Gegen weitere umfangreiche Zinssenkungen spricht auch, dass die Wirtschaft in der Eurozone allmählich wieder Fuß zu fassen scheint. Dabei spielen die Fiskalpakete und die geplanten Rüstungsausgaben verschiedener Länder eine große Rolle. Wie aus Umfragen hervorgeht, zeigen sich auch mehr und mehr Unternehmen wieder optimistischer für die Zukunft.

Wie weit senkt die EZB die Zinsen noch (Einlagesatz)? — Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Die angeführten Prognosen beruhen auf angemessenen, durch objektive Daten gestützten Annahmen bezogen auf den oben angeführten Zeitraum. Stand per 15.07.2025 | Quelle: EZB, FactSet

Die US-Fed dürfte dagegen bald weitermachen

Im Gegensatz zur EZB hat die US-Notenbank Fed die Leitzinsen heuer noch nicht weiter gesenkt. Die Obergrenze der Leitzinsen liegt damit weiter bei 4,5 %. Die Fed hat zuletzt im Dezember die Zinsen reduziert. Sie hat seither immer wieder betont, mit weiteren Zinsschritten abwarten zu wollen, wie sich die US-Zölle auswirken, vor allem auf die Inflation.

Bislang sind noch keine zollbedingten Auswirkungen in der Inflation in den USA erkennbar, wenn man von vereinzelten Gütern absieht. Dies dürfte zum einen daran liegen, dass schon angekündigte Zölle von der US-Regierung vorübergehend ausgesetzt wurden oder niedrigere Zollsätze angewendet werden. Zum anderen haben viele Unternehmen vor Inkrafttreten der Zölle viele Waren importiert, so dass die Lagerbestände relativ hoch sind. Dies dürfte auch in den kommenden Monaten die Preissteigerungen noch bremsen. Der Effekt dürfte in absehbarer Zeit jedoch auslaufen. Bis zuletzt war der Preisdruck in den USA aber noch moderat – die Gesamtrate lag im Juni bei 2,7 % und die Kernrate bei 2,9 % –, was unter anderem auf den schwächeren Lohnauftrieb zurückzuführen ist. Die Inflation bleibt damit aber weiter über dem Ziel der Fed von 2,0 %. Und je nach Entwicklung des Handelskonflikts könnte es in einigen Monaten doch zu deutlicheren Preissteigerungen kommen. Die Fed hat wegen der zollbedingten Unsicherheit auf der letzten Sitzung ihre Inflationsprognose angehoben und erwartet heuer eine durchschnittliche Teuerungsrate von 3,0 %. Auch viele Marktteilnehmer:innen sind der Meinung, dass die Inflation erst wieder kräftig steigt, bevor sie im nächsten Jahr nachhaltig fällt. Daneben schaut die Fed auf den Arbeitsmarkt, da die Sicherstellung der Vollbeschäftigung eines ihrer Ziele ist. Dieser hat sich bislang nur leicht abgeschwächt. Alles in allem gibt es für die Fed also nur wenige Gründe, die Zinsen schnell und deutlich zu senken.

Die FOMC-Mitglieder sehen daher weiter heuer nur zwei Zinssenkungen. Allerdings scheint die Einigkeit im FOMC zu bröckeln, da sich zwei prominente Mitglieder zuletzt für baldige Zinssenkungen ausgesprochen haben. Dahinter könnte aber auch politisches Kalkül stehen, da US-Präsident Trump auf der Suche nach einem Nachfolger für den amtierenden Fed-Vorsitzenden Powell ist, dessen Amtszeit im Mai 2026 endet. Die Marktteilnehmer:innen erwarten von der Fed heuer zwei Zinssenkungen – eine im Oktober und eine im Dezember. Für nächstes Jahr sind drei Zinssenkungen fast vollständig eingepreist. Die Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone würde also wieder etwas schrumpfen.

Während die Fed abwartet und die wirtschaftlichen Entwicklungen im Blick behält, fordert Trump vehement Zinssenkungen von der Fed. Dabei attackiert er in einer beispiellosen Art und Weise kontinuierlich vor allem Fed-Chef Powell. Es hat den Anschein, als wolle Trump Powell zum Sündenbock aufbauen, falls die US-Wirtschaft aufgrund der fragwürdigen Außenhandelspolitik in Schwierigkeiten gerät. Sollte es Trump gelingen, sich die Fed gefügig zu machen und die US-Notenbank dadurch ihre Unabhängigkeit verlieren, könnte dies ungeahnte Folgen an den Finanzmärkten haben.

Wie lange wartet die Fed noch ab? — Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Die angeführten Prognosen beruhen auf angemessenen, durch objektive Daten gestützten Annahmen bezogen auf den oben angeführten Zeitraum. Stand per 15.07.2025 | Quelle: US-Fed, FactSet

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Marketingmitteilung
Stand 15.07.2025

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