EZB bleibt aktiv

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im September mit der überraschend starken Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte ein klares Signal gesetzt, dass sie bereit ist, die historisch hohe Inflation zu bekämpfen. Sie hat zugleich betont, dass für die nächsten Sitzungen – in diesem Jahr kommt der EZB-Rat planmäßig noch am 27. Oktober und am 15. Dezember zusammen – mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen ist. Den sog. neutralen Zins, das heißt das Zinsniveau, bei dem die Notenbank die Wirtschaft weder bremst noch anschiebt, sieht die EZB bei etwa 2 %. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt aktuell bei 1,25 %. Die Zinserhöhungen der EZB spiegeln sich auch in den Euribor-Sätzen wider: Nachdem der 3-Monats-Euribor im Sommer erstmals seit über sieben Jahren wieder in den positiven Bereich vorgestoßen ist, ist er mittlerweile auf 1,4 % geklettert. Durch die Zinserhöhungen gibt es einerseits mittlerweile wieder Zinsen auf Spareinlagen. Andererseits werden dadurch aber auch Kredite teurer.

Dass die EZB die Zinsen zunächst wohl weiter deutlich anheben wird, ist der hohen Inflation geschuldet. Die Inflationsrate im Euroraum ist im September auf 10 % nach oben gesprungen (siehe Grafik). Ob damit der Höhepunkt erreicht ist, ist fraglich. Zwar könnte der Inflationsdruck wegen der zuletzt gesunkenen Rohstoffpreise, insbesondere Öl und Gas, und wegen der Maßnahmen der nationalen Regierungen zur Dämpfung der Energiepreise demnächst nachlassen. Dem entgegen steht aber, dass viele Unternehmen ihre höheren Produktionskosten noch nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben haben. Laut der letzten ifo-Umfrage von Anfang Oktober planen immer mehr Unternehmen, in den kommenden Monaten die Preise zu erhöhen. Gleichzeitig gibt es Anzeichen für eine deutliche Verstärkung des Lohnauftriebs. So fordert zum Beispiel die Gewerkschaft der Metaller 10,6 % mehr Lohn und Gehalt, um die immer höhere Inflation zumindest teilweise auszugleichen.

Wie viele andere Notenbanken ist auch die EZB in einem Dilemma: Auf der einen Seite muss sie mit Zinsanhebungen die hohe Inflation bekämpfen. Auf der anderen Seite besteht aber die Gefahr, dass sie mit diesen Zinserhöhungen die Wirtschaft abwürgt. Die Signale werden immer stärker, dass die Wirtschaft im Euroraum in eine Rezession rutscht. Konjunkturindikatoren deuten auf eine deutliche Abschwächung hin. Die Einkaufsmanagerindizes haben sich im verarbeitenden Gewerbe und in den Dienstleistungsunternehmen in den letzten Monaten verschlechtert und liegen nicht mehr im Wachstumsbereich. Das Verbrauchervertrauen ist sogar regelrecht eingebrochen. Wegen der steigenden Preise halten sich die Konsumenten mit Käufen zurück. Ein Abrutschen der Wirtschaft in die Rezession könnte die EZB veranlassen, den Zinserhöhungsprozess im nächsten Jahr auszusetzen.

Nach den vermehrten Käufen von Staatsanleihen der Peripherieländer in den Sommermonaten (vor allem Italien und Spanien) hat die EZB zuletzt ihr „Transmission Protection Instrument (TPI)“ nicht mehr so ausgiebig genutzt. Dieses Instrument ermöglicht der EZB, gezielt und unbegrenzt Anleihen einzelner Länder zu kaufen. Die Renditeabstände („Spread“) der Staatsanleihen der Euro-Länder waren zuletzt relativ stabil. Auch der „Spread“ zwischen deutschen und italienischen 10-jährigen Staatsanleihen hat sich deutlich langsamer ausgeweitet. In diesem Marktsegment ist also etwas Ruhe eingekehrt.

Inflation Eurozone — Zu Grafik 1: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: European Money Markets Institute, Eurostat, European Central Bank und Factset, Stand: 17.10.2022

Inflationsbekämpfung hat für US-Notenbank Priorität

Die US-Notenbank Fed hat die Leitzinsen im September zum dritten Mal hintereinander um 75 Basispunkte auf nun 3,25 % angehoben. Das Ausmaß und das Tempo der Zinserhöhungen sind damit deutlich höher als in den Zinserhöhungszyklen zuvor. Grund für die Zinsanhebungen ist die auch in den USA hohe Inflation. Dort ist die Teuerungsrate ebenfalls hartnäckiger als zuvor erwartet. Zwar lag die Inflation im September mit 8,2 % unter dem Hochpunkt im Juni (9,1 %). Die sog. Kernrate, in der die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt werden, ist aber auf den höchsten Stand seit vier Jahrzehnten gestiegen (siehe Grafik). Wegen der sehr hohen Inflationsrate bleiben die Realzinsen in den USA klar im negativen Bereich.

US-Inflation und Fed Leitzinssatz — Zu Grafik 2: Die Angaben basieren auf Vergangenheitswerten. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu. Bei der Prognose handelt es sich um keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung. Quelle: Federal Reserve Bank und Factset, Stand: 17.10.2022

Deswegen dürfte auch ein weiterer Zinsschritt von 75 Basispunkten auf der nächsten Fed-Sitzung am 1. November so gut wie sicher sein. Zudem wird im Protokoll der letzten Fed-Sitzung die Entschlossenheit der US-Notenbanker sichtbar, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die Geldpolitik müsse demnach „angemessen“ restriktiv werden. Da die Bekämpfung der hohen Inflation Priorität hat, nimmt die Fed bewusst eine Wirtschaftsabschwächung bzw. -rezession in Kauf. Nach Aussagen ihrer Vertreter wartet die Fed auf überzeugende Belege, dass die Inflation zurückgeht, bevor sie mit den Zinserhöhungen aufhört. Eine Kerngröße der Zins- und Währungshüter ist dabei der Arbeitsmarkt. Dieser zeigt sich bis zuletzt sehr solide. So ist zum Beispiel die Arbeitslosenquote im September auf 3,5 % und damit ein 50-Jahrestief gefallen. Zudem wurden weiter viele neue Stellen geschaffen. Das Tempo des Stellenaufbaus hat sich in den letzten Monaten jedoch verlangsamt. Die Zahl der offenen Stellen ist gefallen, was bedeutet, dass sich die Nachfrage nach Arbeitskräften allmählich abkühlt. Der US-Arbeitsmarkt bewegt sich also in die von der Fed gewünschte Richtung. Bis das Inflationsziel der US-Notenbank von 2 % erreicht wird, dürfte es aber noch dauern. Daher sind weitere Zinsanhebungen über die im November hinaus zu erwarten. Am 14. Dezember findet die letzte Fed-Sitzung in diesem Jahr statt.

Ein Signal für eine Rezession in den USA ist die inverse Zinsstrukturkurve. Invers bedeutet, dass die Zinsen im kürzeren Laufzeitenbereich über denen im längeren Laufzeitenbereich liegen. Konkret sind aktuell die Zinsen 2-jähriger US-Staatsanleihen mit 4,45 % höher als die Zinsen 10-jähriger Staatsanleihen (3,96 %). Eine solche Konstellation war in der Vergangenheit oftmals ein Indikator für eine bevorstehende Rezession. Wie oben angeführt, schreckt dies die US-Notenbank aber nicht ab. Allerdings könnte sich das Tempo der Zinserhöhungen verlangsamen. Grundsätzlich hat die Bekämpfung der Inflation für die Fed jedoch höchste Priorität.

Wichtige Hinweise

Die hier dargestellten Angaben dienen, trotz sorgfältiger Recherche, ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzen nicht eine, insbesondere nach rechtlichen, steuerlichen und produktspezifischen Gesichtspunkten notwendige, individuelle Beratung für die darin beschriebenen Finanzinstrumente. Die Information stellt weder ein Anbot, noch eine Einladung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar und dient insbesondere nicht als Ersatz für eine umfassende Risikoaufklärung.

Jede Anlage in Wertpapieren ist mit dem Risiko des Kapitalverlusts verbunden. Insbesondere können Kursschwankungen, Zinsänderungen und Bonitätsverschlechterungen des Emittenten den Wert, Kurs oder Ertrag des Wertpapiers negativ beeinflussen. Bei Veranlagung in fremder Währung entsteht zusätzlich ein Währungsrisiko, welches sich ertragsmindernd oder ertragserhöhend auswirken kann.

Die jeweils gültigen Bedingungen jedes Finanzproduktes und weitere Informationen finden Sie unter www.spaengler.at bzw. beim jeweiligen Produktanbieter. Für Detailauskünfte zu Risiken und Kosten steht Ihnen Ihr persönlicher Berater im Bankhaus Spängler gerne zur Verfügung. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen wurden sorgfältig erarbeitet und beruhen auf Quellen, die als zuverlässig erachtet werden.

Alle Informationen, Meinungen und Einschätzungen in diesem Dokument geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers bzw. der Verfasser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich jederzeit ohne Vorankündigung - insbesondere im Hinblick auf künftig anwendbare regulatorische Neuerungen (EU-Verordnungen und nationale Gesetze etc.) zum Thema Nachhaltigkeit -  ändern. Die dargebrachten Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Bankhaus Carl Spängler & Co. Aktiengesellschaft wider. Die Bankhaus Carl Spängler & Co. Aktiengesellschaft ist nicht dazu verpflichtet, dieses Dokument zu aktualisieren, zu ergänzen oder abzuändern, wenn sich ein in diesem Dokument genannter Umstand, eine enthaltene Stellungnahme, Schätzung oder Prognose ändert oder unzutreffend wird. Die Bankhaus Carl Spängler & Co. Aktiengesellschaft übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität oder Genauigkeit der hierin enthaltenen Informationen, Druckfehler sind vorbehalten.

Browser wird nicht unterstützt

Unsere Website kann von Ihrem Browser leider nicht aufgerufen werden, da dieser nicht mehr unterstützt wird.
Aktualisieren Sie bitte Ihren Browser, um die Website anzuzeigen und ein besseres und sicheres Online-Erlebnis zu haben.

Online Banking öffnen

Kontakt

Stammhaus Salzburg
Schwarzstraße 1
5020 Salzburg
+4366286860
bankhaus@spaengler.at