(14.10.2022, Salzburg) - “Wir leben aktuell leider in einer ‘Polykrise’, in der zahlreiche Unsicherheiten, wie der Ukraine-Krieg, steigende Energiekosten oder die Coronapandemie die globale Wirtschaft belasten und den Konjunkturmotor zum Stottern bringen”, analysiert Nils Kottke, Vorstandsmitglied im Salzburger Bankhaus Spängler, die derzeit schwierige Situation. Die Inflation wird auf absehbare Zeit das bestimmende Thema sein und dürfte noch hoch bleiben. Die Aktienmärkte bleiben in dem von großer Unsicherheit geprägten Umfeld wohl weiterhin volatil, meinen die Experten der ältesten Privatbank Österreichs in ihrem aktuellen Kapitalmarktausblick.
“Die Teuerung hat über die Sommermonate leider weiter an Fahrt aufgenommen, auch in der Kerninflation - also der Preisentwicklung ohne Lebensmittel und Energiekosten”, sagt Markus Dürnberger, Asset Manager im Bankhaus Spängler. Der Detailblick zeigt: Nahrungsmittel und Wohnen sind mittlerweile zum größten Bestandteil der Inflation geworden, die fallenden Rohstoffpreise wirken aktuell eher ausgleichend. “In jedem Fall müssen wir in den kommenden Monaten mit weiteren Preiserhöhungen bei zahlreichen Produkten rechnen”, so Dürnberger.
Geldpolitik: Weitere Zinsschritte noch heuer zu erwarten
Wie reagieren die Notenbanken auf diese erwartete Steigerung der Inflationsraten? “Sie dürften die Zinsen wohl vorerst noch weiter kräftig erhöhen, dann aber wegen der sich abschwächenden Wirtschaft vorsichtiger vorgehen”, schätzt der Experte. Nach der Fed in den USA hat ja auch die Europäische Zentralbank zuletzt historische Schritte gesetzt und den Leitzins massiv angehoben. Zwei EZB-Sitzungen stehen im heurigen Jahr noch an, zum Jahresende ist wohl mit einem Leitzins von 2,25 Prozent zu rechnen. “Davon betroffen ist natürlich auch der Geldmarkt. Kreditnehmer müssen mit höheren Zinsen rechnen, und das wird auch das Konsumentenverhalten negativ beeinflussen”, prognostiziert Dürnberger.
“Besuch beim Zahnarzt weniger schmerzhaft als ein Blick auf Anleihen-Charts”
Eine historische Entwicklung ist derzeit auch im Bereich der Anleihen zu beobachten. “Ein Besuch beim Zahnarzt ist weniger schmerzhaft als der Blick auf Anleihen-Charts in allen Segmenten. Seit Jahresbeginn erlitten europäische Staatsanleihen mit mehr als einem Jahr Laufzeit massive Kursverluste”, sagt der Spängler-Manager. “Der einzige positive Aspekt dabei: Es gibt wieder Zinsen für europäische Staatsanleihen, so liegen diese beispielsweise im mittelfristigen Laufzeitenbereich von 5 bis 7 Jahren bei 2,6 Prozent.”
Aktien: Die Märkte bleiben weiterhin volatil
Auf der politischen Seite sind weiterhin viele Unsicherheiten zu erwarten, ob die anstehenden Midterm Elections in den USA, die jüngsten Wahlergebnisse in Italien oder die Covid-Nulltoleranz-Politik in China. “All das lässt weiterhin mit hoher Volatilität auf den weltweiten Aktienmärkten rechnen”, sagt Dürnberger. “Vor allem Unternehmen in Europa werden durch den steigenden Gaspreis massiv belastet, deutlich stärker als Unternehmen in den USA.” In den europäischen Sektoren zeichnen sich heterogene Entwicklungen ab. Zu den “Gewinnern” zählen heuer nur die Branchen Öl und Gas. Als “Flop-Branchen” sind Immobilien, Einzelhandel und Technologie zu bezeichnen.
Langfristig anlegen, breit streuen und die Nerven bewahren
Welchen Rat hat der Asset Manager im Bankhaus Spängler in Anbetracht der zahlreichen weiteren Turbulenzen, auf die wir uns einstellen müssen, für Anleger? “Wichtig ist sicher ein langfristiger Veranlagungshorizont, eine breite Diversifikation, immer etwas Cash für weitere Nachkäufe auf der Seite zu lassen und natürlich: Auch bei Volatilität nicht die Nerven verlieren”, so Dürnberger.